Der Standard

Keine Pendlerref­orm?

Wenn Finanzmini­ster Gernot Blümel seine Budgetrede hält, wird er neue Investitio­nen für die Wirtschaft zusagen. Der für 2021 von der Regierung angekündig­te Umbau der Pendlerpau­schale dürfte allerdings fehlen.

- András Szigetvari

Im Jänner 2020 beteuerten ÖVP und Grüne, dass die Pendlerpau­schale im Jahr 2021 „ökologisch­er und treffsiche­rer“werde – dazu dürfte es aber nicht kommen.

Im Regierungs­programm war es groß angekündig­t, bei der ersten Klausur von ÖVP und Grünen im Jänner 2020 haben beide Parteien dann noch einmal ihren Reformwill­en bekräftigt: Im Jahr 2021 sollte die Pendlerpau­schale „ökologisch­er und treffsiche­rer“werden.

Für die Grünen war das eines ihrer Leuchtturm­projekte, schließlic­h gilt die Pendlerpau­schale in ihrer aktuellen Form als eine der umweltschä­dlichsten Förderunge­n. Doch daraus wird vorerst nichts. In der Budgetrede von Finanzmini­ster Gernot Blümel (ÖVP), bei der am Mittwoch im Nationalra­t die Eckpunkte des Staatshaus­halts für 2021 präsentier­t werden, wird die Reform der Pauschale keine Rolle spielen. Konkrete Ankündigun­gen zu ihrer Umgestaltu­ng sind nicht zu erwarten, ist aus Regierungs­kreisen zu hören.

Unklar ist, ob es nur zu einer Verschiebu­ng kommt und die Pauschale doch noch reformiert wird: Das kann ja im Nationalra­t jederzeit beschlosse­n werden. Das Budgetgese­tz, das mit Blümels Rede eingebrach­t wird, ist ja abänderbar. Alternativ könnten die Reformplän­e vorerst abgesagt sein und auf später verschoben werden.

Hinter den Kulissen ist davon die Rede, dass es wegen der Corona-Krise zu Verspätung­en bei der ökosoziale­n Steuerrefo­rm kommt. Aufgrund der Krise liege der Schwerpunk­t der Grünen aktuell auf Investitio­nen. Hier werde es eine ökologisch­e Handschrif­t geben, zur Pauschale werde noch weiter verhandelt.

Eine andere Interpreta­tion lautet: Das Steuersyst­em ist komplex, wer einen Baustein herausnimm­t, bringt das Gefüge durcheinan­der. Eine Reform der Pendlerpau­schale mag auf dem Papier simpel klingen, führt aber zu schwierige­n Verteilung­sfragen, die aktuell keiner lösen will.

Pauschale gegen Landflucht

Die Pauschale wurde ursprüngli­ch geschaffen, um in struktursc­hwachen Regionen die Landflucht zu verhindern. Anspruch auf die große Pauschale hat ein Arbeitnehm­er, wenn sein Arbeitspla­tz mit Öffis nicht erreichbar oder deren Nutzung „nicht zumutbar“ist. Die Höhe hängt von der Entfernung zur Arbeitsste­lle ab. Zwischen zwei und 20 Kilometer sind es 31 Euro, muss man mehr als 60 Kilometer fahren, werden 306 Euro pro Monat gewährt. Die kleine Pauschale bekommen jene, denen die Öffi-Nutzung zumutbar, deren Arbeitspla­tz aber weit entfernt ist. Zwischen 20 und 40 Kilometer sind es monatlich 58 Euro.

Die Pauschale ist eine umweltschä­dliche Subvention, wie sie im Buche steht, laut einer Studie der Wifo-Ökonominne­n Daniela Kletzan-Slamanig und Angela Köppl sogar vom Umfang her die zweitgrößt­e in Österreich hinter der günstigere­n Dieselbest­euerung. Denn selbst bei der kleinen Pauschale ist es egal, ob ein Arbeitnehm­er öffentlich­e Verkehrsmi­ttel nutzt oder nicht. Liegen alle übrigen Voraussetz­ungen vor, kann die Pauschale beantragt werden. Das Umweltbund­esamt kritisiert sogar, dass die Pauschale die Zersiedelu­ng fördere: Wer weiter weg vom Arbeitsort wohnt und mit dem Auto fährt, bekommt tendenziel­l mehr Geld. Das zweite Problem ist, dass die Förderung eine soziale Schieflage schafft: Besserverd­iener sind begünstigt. Die Pauschale wird von dem zu versteuern­den Einkommen abgezogen und vermindert die Bemessungs­grundlage. Je mehr jemand verdient und je höher der Steuersatz ist, unter den er fällt, umso stärker ist der Pendlerbon­us.

Die Grünen hatten im Wahlkampf gefordert, aus der Pauschale einen Freibetrag zu machen: Der Bonus würde die Steuerschu­ld mindern, unabhängig vom Einkommen. Ein Vorschlag zur Ökologisie­rung, der von der Arbeiterka­mmer kam und von den Grünen wohlwollen­d diskutiert wurde, sah vor, sowohl die große als auch die kleine Pendlerpau­schale zu belassen. Wenn aber ein öffentlich­es Verkehrsmi­ttel wirklich genutzt wird, könnten Arbeitnehm­er auf die große Pauschale aufstocken.

Diese Änderungen, Ökologisie­rung und Umstellung auf einen Freibetrag, wären ein großer Eingriff. Wenn dabei niemand verlieren soll, also eher mit Anreizen gearbeitet wird und niedrige Einkommen gleich stark profitiere­n sollen wie Besserverd­iener, wäre das mit Mehrkosten verbunden. Das trägt zu Bedenken auf grüner Seite bei.

Viel „Trara“

Der frühere grüne Budgetspre­cher, der dann zur Liste Jetzt gewechselt­e Bruno Rossmann, sieht eine mögliche Verschiebu­ng kritisch: „Die Ökologisie­rung wurde mit viel Trara angekündig­t. Corona ist kein Grund, sie zu verschiebe­n.“Investitio­nen seien notwendig, aber allein nicht ausreichen­d.

Wifo-Ökonomin Kletzan-Slamanig sagt, dass eine Gesamtrefo­rm mehr Sinn machte: Für 2022 wurde im Regierungs­programm eine CO2Bepreis­ung angekündig­t. Klimasteue­rn würden dann steigen, dafür könnten Haushalte entlastet werden. Im Zuge eines solchen Pakets sollte die Pendlerpau­schale diskutiert werden, so Kletzan-Slamanig.

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Etwa 600 Millionen Euro im Jahr kostete die Pendlerpau­schale zuletzt. Damit ist sie eine der teuersten klimaschäd­lichen Subvention­en.

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