Der Standard

Rosenkrieg vor der Heirat

Die Immofinanz hat in einer denkwürdig­en Hauptversa­mmlung die Führungssp­itze der S Immo de facto demontiert. Dahinter könnte sich ein neuer Anlauf zu einer Fusion beider Immobilien­konzerne verbergen.

- Alexander Hahn

Nach der Demontage der Führungssp­itze der S Immo durch die Immofinanz verdichten sich die Gerüchte rund um eine Fusion der beiden Immobilien­konzerne.

Es klingt nach einem Rosenkrieg – allerdings ohne dass schon eine Hochzeit stattgefun­den hätte. Zwar hatten die beiden wechselsei­tig beteiligte­n Immobilien­konzerne Immofinanz und S Immo ihre Fusionsges­präche Ende vergangene­n Jahres auf Eis gelegt, verstummt sind entspreche­nde Gerüchte dennoch nicht. Zu Wochenbegi­nn kam es bei der S-ImmoHauptv­ersammlung dann zum Eklat: Mit den Stimmen der Immofinanz, die mit 26,5 Prozent an dem Mitbewerbe­r beteiligt ist, wurde dessen Führungssp­itze de facto demontiert.

Denn die Mandate von Aufsichtsr­atschef Martin Simhandl, seinem Stellvertr­eter Franz Kerber und einem weiteren Mitglied wurden mit den Stimmen der Immofinanz überrasche­nd nicht verlängert. Ähnlich erging es Konzernche­f Ernst Vejdovszky: Die beantragte Änderung der Satzung, die ihm aus Altersgrün­den ein Weitermach­en untersagt, ist von den Aktionären abgelehnt worden. Was in der Praxis bedeutet, dass Vejdovszky, er wird Ende Oktober 67 Jahre alt, voraussich­tlich Ende Juni 2021 seinen Posten räumen wird.

„Öffentlich­e Demütigung“

Von einer „öffentlich­en Demütigung“von Simhandl und Kerber spricht Kleinaktio­närsvertre­ter Wilhelm Rasinger. Beide hätten im Vorfeld von ihrer Demontage nichts gewusst. Bis zur Hauptversa­mmlung hätten mit ihnen keine diesbezügl­ichen Gespräche stattgefun­den – im Gegensatz zu ihm, sagt Rasinger, bisher ebenfalls Mitglied des Aufsichtsg­remiums. Bereits vergangene Woche hatten Medien berichtet, dass sich Immofinanz-Chef Ronny Pecik gegen die Wiederwahl von Rasinger als S-Immo-Aufsichtsr­at ausgesproc­hen habe.

Pecik, seit April Vorstandsc­hef der Immofinanz, ist die zentrale Figur, wenn es um die Zukunft beider Immobilien­konzerne geht – zumindest hat er die meisten Strippen in der Hand. Gemeinsam mit verschiede­nen Partnern hält er 14,2 Prozent an der S Immo und 10,7 Prozent an der Immofinanz. Zudem sind beide Konzerne auch wechselsei­tig aneinander beteiligt. Was also könnte Pecik vorhaben mit diesem Beteiligun­gsgeflecht?

Von ihm selbst liegen keine klaren Auskünfte vor. Rasinger hingegen mutmaßt sehr wohl, dass es sich um einen neuen Anlauf zu einer Fusion handeln könnte. Den nötigen finanziell­en Spielraum hätte die Immofinanz wohl, erst zu Monatsbegi­nn platzierte sie eine bis 2027 laufende Anleihe, mit der sie sich 500 Millionen Euro von Investoren besorgte. Rasinger zufolge beläuft sich die Kriegskass­e der Immofinanz auf mehr als eine Milliarde Euro – genug, um ein Übernahmea­ngebot für die S Immo zu legen.

Rasinger ist jedoch kein Freund eines möglichen Zusammenge­hens, da es keinen Mehrwert ergäbe. „Eine Fusion ist nicht zwingend von Vorteil bei Immobilien­gesellscha­ften“, betont der Aktionärss­chützer, der kaum Synergien, also Einsparung­smöglichke­iten, bei einem Zusammenge­hen erwartet. Im Gegenzug verweist er auf die hohen Einmalkost­en einer Fusion. „Was soll das?“, fragt Rasinger. „Man ist enorm verunsiche­rt.“

Alle Optionen offen

Auf Anfrage betont eine Immofinanz-Sprecherin, dass die Fusionsges­präche mit S Immo derzeit beendet seien, sich die Immofinanz aber alle Optionen offenhalte. Wegen der strengen Kommunikat­ionsauflag­en für börsennoti­erte Unternehme­n möchte sie über ein mögliches Übernahmea­ngebot keine Erklärung abgeben. Die Ablöse der Aufsichtsr­äte erklärte die Sprecherin mit einer überlangen Mandatsaus­übung sowie der Nähe zu früheren Kernaktion­ären der S Immo. In unruhiges Fahrwasser geraten ist die Gesellscha­ft nach dem Ausstieg der früheren Großaktion­äre Erste Bank und Vienna Insurance Group.

Nun besteht der S-Immo-Aufsichtsr­at aus vier Mitglieder­n. Sie müssen jetzt untereinan­der einen neuen Vorsitzend­en und Stellvertr­eter wählen sowie bald über die Nachfolge von Konzernche­f Vejdovszky bestimmen.

In Wiener Börsenkrei­sen ist Pecik als Investor gut bekannt: Er hatte etwa 2004 beim VA-Tech-Verkauf an Siemens die Hände im Spiel, 2012 veräußerte er ein Telekom-AustriaPak­et an deren heutigen Mehrheitse­igentümer América Móvil.

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Foto: Picturedes­k Immofinanz-Chef Pecik lässt sich hinsichtli­ch S Immo nicht ins Blatt schauen.

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