Der Standard

50 Millionen auf kurzem Dienstweg

Ex-Wirecard-Chef Markus Braun soll dem flüchtigen Jan Marsalek 50 Millionen Euro geborgt haben. Als dieser einen Teil davon zurückzahl­te, erstattete die Bank Anzeige wegen des Verdachts auf Geldwäsche.

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Man könnte sie als den gordischen Knoten der Wirtschaft­skriminali­tät bezeichnen: die wöchentlic­h neu auftauchen­den Verflechtu­ngen und Vorgänge, in die der insolvente Skandalkon­zern Wirecard verstrickt ist. Ein neuer „Seilstrang“zeigt, dass ExChef Markus Braun dem nach wie vor flüchtigen Jan Marsalek 50 Millionen Euro geborgt haben soll. Das berichtet die Süddeutsch­e Zeitung.

Über seine MB Beteiligun­gsgesellsc­haft soll Braun seinem Kollegen die Summe zukommen lassen haben. Wirecard rangierte damals im deutschen Leitindex Dax – es stellt sich die Frage, warum derartige Vorgänge bei einem der TopUnterne­hmen des Landes nicht auffallen. Man fragt sich bei Wirecard aber ohnehin noch viel mehr.

Marsalek soll einen Teil dieser 50 Millionen so zurückgeza­hlt haben, dass die Unicredit Anzeige wegen Verdachts auf Geldwäsche erstattete. Die Unicredit, zu der die Hypo-Vereinsban­k gehört, soll eine der damaligen Hausbanken von Marsalek gewesen sein, heißt es im Bericht der SZ.

Was passierte mit dem Geld?

Marsalek soll damit in (zumindest) ein Start-up investiert haben, einen Onlinesupe­rmarkt namens Getnow. Rund zwei Drittel der Anteile an dieser Firma hält die Getnow Holding Limited in der britischen Steueroase Isle of Man. Wenig überrasche­nd wird es hier wieder schwammig. Wem das Unternehme­n zuzurechne­n ist, bleibt unklar.

Wirecard im Ausschuss

Im Finanzauss­chuss des Deutschen Bundestags zu Wirecard befasst man sich ebenfalls mit diesem Geldfluss. Von einem „Karussellk­redit, der nach Geldwäsche riecht“, oder „windigen Konstrukti­onen“und „Luftbuchun­gen“ist da die Rede. Brauns Anwälte weisen das scharf zurück. Von Geldwäsche könne „mitnichten die Rede sein“– ebenso wenig wie von einem „Karussellg­eschäft“, „Luftbuchun­gen“oder „windigen Konstrukti­onen“, werden sie von der SZ zitiert.

Zumindest das Geld, das von ExChef Braun kam, dürfte sauber sein. Er hatte sich von der Deutschen Bank für seine MB Beteiligun­gsgesellsc­haft 100 Millionen Euro geliehen. Die Hälfte ging dann an Marsaprahl­te lek. Auch hier unterstrei­chen Brauns Anwälte – der nach wie vor in Untersuchu­ngshaft sitzt –, dass das Darlehen der Deutschen Bank „in jeder Hinsicht zweckgerec­ht und im Einklang mit dem Darlehensv­ertrag verwendet“worden sei.

Was die beiden auf jeden Fall eint, sind Prahlereie­n in der Vergangenh­eit. Braun verkaufte sich mit breiter Brust als Milliardär, erwähnte gern sein Millionen-Investment in die Google-Holding Alphabet und erzählte von seinen Immobilien in München, Wien und Kitzbühel.

Marsalek war anders. Allen voran

er mit Geheimdien­stkontakte­n – aber auch mit angeblich investiert­en Millionen in den Messengerd­ienst Telegram, in Zementwerk­e, eine Ölbohrinse­l in Libyen und eben jenes eingangs erwähnte Start-up Getnow.

Ein weiteres plakatives Beispiel für die verworrene Situation rund um Marsaleks Finanzen stellt dessen ehemaliges Domizil dar, wie die FAZ kürzlich berichtete. Er wohnte in einer Villa auf dem Top-Pflaster der Prinzregen­tenstraße in München. Rund 25 Millionen Euro soll das Anwesen wert sein. Die geprellten Aktionäre haben davon aber nichts. Das Anwesen gehöre einer 81-jährigen Münchnerin und sei von einer Gesellscha­ft namens IMS Capital Partners gemietet gewesen.

Dieses Unternehme­n machte Geschäfte mit Wirecard und Marsalek, seit seiner Flucht und der Insolvenz liegen diese aber brach. Die Vermieteri­n wartet nun auf die Mieten für August und September zu je 45.000 Euro. Und sie weiß nicht einmal, von wem sie kommen sollten. Ob das Geld bisher von Marsalek, Wirecard oder IMS Capital kam, weiß man nicht. (and)

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Foto: Reuters Markus Braun sitzt nach wie vor in Untersuchu­ngshaft.

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