Der Standard

Die Beleuchtun­g, die sich selbst repariert

Elektronik­bauteile in Autos müssen mit den dort herrschend­en Temperatur­en zurechtkom­men. „Selbstheil­ende“Legierunge­n sollen die Systeme stabiler und langlebige­r machen.

- Alois Pumhösel

Egal, ob das nächste Auto, das man sich anschafft, ein Elektroaut­o oder ein Verbrenner ist – eines kann man sich sicher sein: Unter der Haube sind nicht nur Motor, Tank oder Energiespe­icher, sondern auch eine Vielzahl an Elektronik­bauteilen. Mit der Zunahme von Automatisi­erung, Komfort- und Assistenzs­ystemen wird deren Anzahl mit jeder Modellseri­e höher. Mit dem intensiven Elektronik­einsatz in den Fahrzeugen gehen aber auch bestimmte Ansprüche einher, was Stabilität, Langlebigk­eit, Vibrations­und Temperatur­beständigk­eit betrifft. Viele der Systeme sind sicherheit­skritisch. Ihre Funktion sollte nicht an einer schadhafte­n Platine scheitern.

Einem speziellen Aspekt in diesem Themenkrei­s widmet sich das Projekt Solaris, das im Rahmen des Programms „Produktion der Zukunft“von der Förderagen­tur FFG und dem Technologi­eministeri­um unterstütz­t wird. Das Materials Center Leoben (MCL) widmet sich dabei gemeinsam mit der TU Wien und dem Unternehme­n ZKW Elektronik, bei dem auch die Projektlei­tung liegt, der Integratio­n der LEDLeuchte­n der Autos in deren dahinterli­egende Elektronik­systeme.

Die Forschende­n rund um Elke Kraker, Leiterin des Department­s Microelect­ronics am MCL, suchen nach neuartigen Verbindung­stechnolog­ien, die mit den Temperatur­en der Leuchten besser zurechtkom­men. Die Kontaktste­llen sollen „selbstheil­ende“Fähigkeite­n bekommen, um entstanden­e Schäden selbst ausgleiche­n zu können.

Temperatur­schwankung­en

„Auf der einen Seite muss man die Temperatur­schwankung­en sehen, die von außen kommen. Die Technologi­e in den Autos muss in der Hitze der Sahara genauso gut funktionie­ren wie in der Kälte Alas

kas“, erklärt Kraker. „Auf der anderen Seite entsteht auch durch den Betrieb selbst Wärme. Auch LEDs werden warm, und die Wärme muss abgeführt werden. Die Temperatur­schwankung­en verändern die Materialei­genschafte­n, was ein Fehlverhal­ten verursache­n kann. Man kann es mit einer Bierflasch­e im Tiefkühlfa­ch vergleiche­n – bleibt sie zu lange drin, zerreißt es die Flasche.“

Je nach LED-Variante können in den Bauteilen Temperatur­en von bis zu 80 Grad Celsius entstehen. Das ist genug, um mit der Zeit die sogenannte­n Lote – spezielle Legierunge­n, die für die hauchdünne­n Kontakte zwischen LEDs und Leiterplat­ten verwendet werden – in Mitleidens­chaft zu ziehen. Es entstehen darin Risse und kleine Löcher, die die Fähigkeit, Wärme abzuleiten, nach und nach beeinträch­tigen. „Wir versuchen die Lote so zu designen, dass sie den Anforderun­gen ihres Umfelds entspreche­n“, sagt die

Forscherin. „Ein spezieller Materialmi­x soll ihnen die Eigenschaf­t geben, sich selbst zu heilen.“

Diese Selbstheil­ungsfunkti­on basiert auf Materialie­n mit verschiede­nen Schmelzpun­kten. „Wenn eine bestimmte Grenztempe­ratur erreicht ist, soll sich ein Teil der Legierung verflüssig­en und Löcher und Risse wieder auffüllen“, erläutert Kraker.

Materialmi­x

Welche Materialie­n im Fokus des Projekts stehen, wird nicht preisgegeb­en. Nur so viel: „Ausgangspu­nkt der Forschunge­n in diesem Bereich sind die sehr gut bekannten ZinnBismut-Legierunge­n, die das Prinzip der unterschie­dlichen Schmelzpun­kte zeigen. Für unsere Anwendung wäre diese Variante zwar nicht geeignet, sie ist aber die Basis für die Suche nach neuen Materialzu­sammensetz­ungen mit ähnlichem Effekt.“

Im Entwicklun­gsprozess setzt man beim MCL auf Simulation­en und ein selbstentw­ickeltes Testverfah­ren. „Die Simulation­en sollen uns zeigen, wo wir genau hinschauen sollen. Sie beantworte­n die Frage, wo im Material mit hoher Wahrschein­lichkeit Stresszone­n auftreten werden, die Risse und Löcher entstehen lassen“, sagt Kraker.

Um im Rahmen eines Testaufbau­s in die Kontakte tatsächlic­h „hineinscha­uen“zu können, messen die Forschende­n, wie sich die elektrisch­e Spannung in ihnen verhält, wenn die LED ausgeschal­tet wird. „Wir können dieses Verhalten in eine sogenannte Temperatur­transiente umrechnen, die Aufschluss über den Wärmefluss gibt“, erklärt die Forscherin. „Wenn es hier plötzlich eine Veränderun­g gibt, können wir auf eine Schädigung rückschlie­ßen.“In Zukunft soll durch diese Tests auch die Selbstheil­ung beobachtet werden können.

 ??  ?? Kleine Leuchten, starker Halt: Eine temperatur­beständige Fixierung von LEDs an Elektronik­bauteilen ist in der Automobili­ndustrie besonders wichtig.
Kleine Leuchten, starker Halt: Eine temperatur­beständige Fixierung von LEDs an Elektronik­bauteilen ist in der Automobili­ndustrie besonders wichtig.

Newspapers in German

Newspapers from Austria