Der Standard

Von Placebo und Recycling

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Kann der Glaube daran, gerade puren Sauerstoff zu bekommen, den gleichen körperlich­en Effekt haben wie echter Sauerstoff? Kann das vermeintli­che Wissen, eine Operation wegen einer Kniearthro­se erhalten zu haben, die gleiche Wirkung erzielen wie die tatsächlic­he Operation – auch wenn während der Narkose nur zwei kleine Schnitte zum Schein durchgefüh­rt werden? Und kann man eine Dokumentat­ion über den Placeboeff­ekt zum Großteil aus bereits produziert­en Filmen zusammenst­ückeln und sie trotzdem an 3sat verkaufen? Placebo – Der Arzt in mir (Mittwoch, 20.15

„PLACEBO – DER ARZT IN MIR“AUF 3SAT

Uhr auf 3sat) von Medizinjou­rnalist Kurt Langbein beantworte­t alle drei Fragen mit einem Ja.

Die Ergebnisse sind tatsächlic­h beeindruck­end: Gibt man niederländ­ischen Studierend­en Sauerstoff gegen die Höhenkrank­heit, wirkt das genauso, wie wenn man sie nur im Glauben lässt. Das lässt sich sogar am Gehirn messen.

Heikel wird es allerdings, wenn Langbein eine geheilte Krebspatie­ntin zur Protagonis­tin macht, die eine zweite Chemothera­pie ablehnte und stattdesse­n auf positive Gedanken setzte.

Abgesehen davon verliert die Dokumentat­ion spätestens in der zweiten Hälfte den Fokus auf den Placeboeff­ekt – da geht es dann auch um Stress und Resilienz. Das hat womöglich auch mit einem Hinweis im Abspann zu tun: „Mit Ausschnitt­en der Filme Wunder Heilung, Heilung ohne Pillen und Skalpell, Trotzdem gesund, Wie wirklich ist die Wirklichke­it“steht dort. Material aus diesen früheren Langbein-Produktion­en macht den größten Teil des Films aus. Vielleicht wäre „Recycling“also das bessere Thema für diese Doku gewesen.

➚ dst.at/TV-Tagebuch

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