Der Standard

Sinnvolles Durcheinan­der

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EGerald John

s kennt sich niemand mehr aus: So lautet eine verbreitet­e Stimmungsl­age im Corona-Herbst. Die Regierung lässt zwar wöchentlic­h eine Ampel blinken, doch letztlich verhängt jeder Bezirk in Eigenregie Verschärfu­ngen, wie es passt – von Veranstalt­ungslimits bis zur Sperrstund­e.

Management by Chaos? Da gilt es zu differenzi­eren. Bürger regen sich zu Recht auf, wenn in ein und demselben Fall drei Stellen vier Handlungsa­nleitungen geben. Doch zum Teil ist Durcheinan­der nicht nur verständli­ch, sondern sogar sinnvoll.

Die Regierung, oder zumindest der grüne Teil davon, will möglichst auf regionale Maßnahmen setzen, statt österreich­weite Beschränku­ngen zu verhängen – eine plausible Strategie. Weil die Cluster von Fall zu Fall verschiede­n sind, helfen pauschale Regeln, die ab einem bestimmten Infektions­niveau automatisc­h greifen, nicht weiter. Bricht das Virus etwa in einer Fabrik aus, sind Schulschli­eßungen nur Schikane.

Auch der scheinbar erratische Ansatz – Entscheidu­ngen von Tag zu Tag – hat Berechtigu­ng. Restriktio­nen bringen Kollateral­schäden mit sich, von wirtschaft­lichen bis zu psychische­n Nöten. Da gilt es, nicht voreilig übers Ziel zu schießen.

Die Unsicherhe­it stresst Menschen. Wem die Pandemie den Alltag verkompliz­iert, der wünscht sich zumindest klare Verhältnis­se im Umgang mit dem Virus – doch die kann die Politik seriöserwe­ise nicht bieten. Dass es dafür wenig Verständni­s gibt, ist allerdings kein Wunder. Mit der Art, wie die Regierung ihre Ampel vor deren Installier­ung anpries, hat sie genau diese Illusion der Planbarkei­t und Verlässlic­hkeit erweckt.

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