Österreich kritisiert EU-Corona-Ampel für Reisewarnungen
Edtstadler stimmte bei Votum nicht mit Luxemburg lehnt die neue Empfehlung ab
Luxemburg/Wien – Die Europäische Union hat sich auf ein Ampelsystem geeinigt, um gegen das Reisewarnungschaos im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie vorzugehen. Künftig sollen anhand von Vorgaben der EU-Gesundheitsagentur ECDC die europäischen Regionen in drei Farben, nämlich Grün, Orange und Rot, getaucht werden. Welche Farbe aufscheint, hängt von drei Kriterien ab – der Zahl der Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner in den vergangenen 14 Tagen, von der Anzahl der Testungen und dem Prozentsatz der positiven Corona-Tests.
Die Mitgliedsstaaten verpflichten sich, nur bei Grün keine Reisebeschränkungen oder Quarantänemaßnahmen gegen andere Staaten zu erlassen. Ab Orange dürfen sie Maßnahmen autonom einführen.
De facto würde die EU-Karte im Moment aber sowieso nur in Orange oder Rot aufscheinen. Den Status grün könnte kein Staat für sich verbuchen. Österreich hat sich bei der Abstimmung zur Einführung des Ampelsystems der Stimme enthalten, weil die festgelegten Schwellenwerte „nicht treffsicher“seien, sagt Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP). Sie sprach sich für einheitliche Quarantänezeiten und die Möglichkeit, sich durch einen Test von der Quarantäne zu befreien, aus. Österreich wolle weiterverhandeln. Luxemburg stimmte gegen das Ampelsystem, weil die Kriterien unzureichend seien. Außenminister Jean Asselborn wünscht sich zusätzliche Kriterien wie Sterbefälle und Intensivkapazitäten.
Streit um Ischgl-Bericht
Nach Veröffentlichung desUnt er suchungs ergebnisses derIschglKom mission entbrannte am Dienstag der Kampf um die Deutungshoheit. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)betonte,d ass dieEnt scheidungen z wischenden G es und heits behörden und der Bundesregierung immer abgestimmt gewesen seien. Im Bericht der vom Land Tirol eingesetzten Expertenkommission heißt es hingegen, Kurz habe die Quarantäne ausgerufen, es aber verabsäumt, die lokalen Behörden davon in Kenntnis zu setzen.
„Wir nehmen die Empfehlungen des Berichtes sehr ernst und werden diese umsetzen“, erklärte der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP). Als erste Maßnahme richtet die Landesregierung einen Krisen und Katastrophen management koordinator sowie eine Landes direktion für Gesundheit ein. (red)
In den vergangenen Tagen haben Ankündigungen, Gerüchte und Andeutungen über weitere Verschärfungen der Anti-Corona-Maßnahmen bis hin zu Lockdown-Plänen das Vertrauen vieler Menschen in die diesbezügliche Verlässlichkeit der österreichischen Politik neuerlich erschüttert. Worauf müssen wir uns einstellen?
Frage: Sind aktuell zusätzliche Einschränkungen in Planung? Antwort: Ja. Laut einer Sprecherin des Gesundheitsministeriums „finden derzeit diesbezügliche Gespräche der Bundesregierung statt“. Über deren Inhalt und voraussichtliches Ende konnte sie aber nichts sagen. Der „Fokus“der Gespräche liege auf regionalen Maßnahmen – wie sie etwa nach der Corona-Umfärbung vergangenen Freitag im Salzburger Tennengau umgesetzt wurden. Es könne sich aber ebenso um bundesweite Schritte handeln, wenn diese nötig seien. Ein Sprecher von Bundeskanzler Sebastian Kurz äußerte sich ähnlich.
Frage: Warum teilt die Regierung den Menschen in Österreich nicht offen mit, welche Schritte erwogen werden?
Antwort: Laut dem Sprecher von Bundeskanzler Kurz hat sich in der ersten Phase der Pandemie im März und April „bewährt, dass die Regierungsspitze die Maßnahmen gemeinsam verkündet, sobald sie beschlossen worden sind“. Dass das In-der-Schwebe-Lassen Ängste und Gerüchte nähren könnte, glaubt er nicht. Im Vorfeld schildern, was für Schritte konkret diskutiert werden, würde „die Menschen vielmehr zusätzlich verunsichern“, meint er.
Frage: Von Message-Control abgesehen – warum wird so lange über die neuen Maßnahmen diskutiert? Antwort: Man beobachte die Entwicklung der Dinge täglich, heißt es aus dem Kanzleramt. Möglicherweise ist man sich also auch an der Regierungsspitze unsicher, was jetzt wie wirken würde. Bekannt ist, dass Kanzler Kurz schon bisher eher auf bundesweite Regelungen, Gesundheitsminister Rudolf Anschober im Sinne der Corona-Ampel eher auf regional abgestimmte Schritte setzte. Sichtbar wurde das etwa Mitte September, als der Kanzler explizit Einschränkungen der damals als letzter Lockerungsschritt gerade ausgeweiteten Besucherhöchstzahl bei Veranstaltungen einmahnte.
Frage: Was spricht eigentlich für regionale Maßnahmen?
Antwort: Laut Experten wie dem Kärntner Intensivmediziner Rudolf Likar sollen strengere Maßnahmen dort gelten, wo sie wegen intensiverer Infektionstätigkeit angezeigt sind – nicht hingegen dort, wo es nur wenige Corona-Fälle gibt. „Wir dürfen nicht alle Regionen über einen Kamm scheren“, sagt er.
Frage: Und was spricht für bundesweite Einschränkungen?
Antwort: Man kann sie zentral organisieren. Unverzichtbar wären sie, wenn es bundesweit zu einer intensiven Ausbreitung des Virus käme.
Frage: Zurück zu den geplanten Maßnahmen: Worum könnte es tatsächlich gehen?
Antwort: Laut einer informierten Quelle dürften erweiterte Maskenpflichten und eine weitere Verringerung der erlaubten Besucherzahl bei Veranstaltungen erwogen werden – ob bundesweit oder nur in besonders infektionsintensiven Regionen, war unklar. An anderer kompetenter Stelle wurde die mögliche Ausweitung der im Westen des Bundesgebiets bereits bestehenden früheren Sperrstunde in der Gastronomie auf den Osten genannt.
Frage: Sind aber zumindest die kolportierte Verlängerung der Herbstferien an den Schulen und die von Hans Bürger in der ZiB 1 am Samstag behaupteten Pläne für einen „Lockdown light“im November vom Tisch?
Antwort: Was die Herbstferienverlängerung angeht, laut Bildungsminister Heinz Faßmann ja – „derzeit“. Gesundheitsminister Rudolf Anschober wiederum hat allfällige Lockdown-Pläne dementiert.