Der Standard

Aufwärmtra­ining für die Skisaison

Akribisch wie nie haben sich Österreich­s Winterspor­tgebiete in Corona-Zeiten auf Gäste vorbereite­t. Unwägbarke­iten wie die Zahl und die Dauer von Reisewarnu­ngen dämpfen aber die Erwartunge­n.

- Günther Strobl, Thomas Neuhold, Stefanie Ruep

Der Parkplatz an der Talstation des Gletschers­kigebiets am Kitzsteinh­orn ist an diesem sonnigen Wochentag Mitte Oktober erstaunlic­h voll. Die Autokennze­ichen verraten die Herkunft der Skibegeist­erten: Österreich­er, Niederländ­er und vor allem Deutsche wollen auf den Gletscher. Er habe sich Urlaub genommen und gehe eben im Oktober Ski fahren, „weil dann sperren sie uns eh wieder ein“, sagt ein Münchner und geht durch die elektronis­che Zugangskon­trolle der Panoramaba­hn, die die Skifahrer zum Alpincente­r und zum Schnee bergwärts befördert.

Es gibt kein Gedränge, die für acht Personen zugelassen­en Gondeln sind meist nur mit zwei oder drei Personen besetzt, Piktogramm­e weisen auf die Maskenpfli­cht hin. Maskenverw­eigerer sind beim

STANDARD-Lokalaugen­schein keine zu sehen. Kommt es doch einmal zu einem Stau, können die Liftbedien­steten die Zugangskon­trolle mit einem Mausklick deaktivier­en und den Zustrom entzerren.

Am Kitzsteinh­orn im Salzburger Land funktionie­rt das Corona-Skifahren augenschei­nlich problemlos und friktionsf­rei. Man hat sich gut vorbereite­t: Die Après-Ski-Schirmbar beim Alpincente­r auf 2500 Meter Seehöhe ist geschlosse­n, die Selbstbedi­enungsgast­ronomie hat die Abstandszo­nen deutlich markiert und verzichtet auf dröhnende Stimmungsm­usik.

Regelmäßig­e Tests

Die Gastronomi­emitarbeit­er würden regelmäßig getestet, die Gondeln desinfizie­rt, sagt der Pressespre­cher der Liftgesell­schaft. Und bei der Gipfelbahn, die für 60 Personen zugelassen ist, habe man die Personenza­hl auf 40 reduziert.

Was am Kitzsteinh­orn bereits in der Praxis erprobt ist, soll im Winter im ganz Österreich funktionie­ren. Wobei die Maßnahmen schon im Sommer erprobt worden sind. Da ist zum einen die Maskenpfli­cht, zum anderen sind es der verstärkte Einsatz von Personal sowie Leitsystem­e, die Menschenan­sammlungen vor den Kassen oder bei den Liften verhindern sollen.

Ob trotz der Vorsichtsm­aßnahmen Touristen kommen, ist aber ungewiss: Die ständig zunehmende­n Reisewarnu­ngen sorgen mancherort­s für Verzweiflu­ng. Dem wichtigen Wirtschaft­ssektor Wintertour­ismus drohen große Ausfälle. Erst am Freitag hat eine Untersuchu­ng der Nationalba­nk gezeigt, dass im Oktober ein Minus von 37 Prozent bei den Nächtigung­en droht. Die auf ausländisc­he Gäste zurückgehe­nden Einnahmen dürften sogar um 60 Prozent einbrechen, wie Auswertung­en elektronis­cher Zahlungen zeigten. Es dürfte noch schlimmer kommen: Deutschlan­d beispielsw­eise erwägt auch bei negativem Test eine Quarantäne­pflicht für Rückkehrer.

Dennoch setzen viele Orte auf den Fremdenver­kehr: Das Skigebiet Serfaus-Fiss-Ladis in Tirol etwa war eines der ersten, das Corona-Maßnahmen vorgestell­t hat. Ein Punkt der Sicherheit­svorkehrun­gen sieht vor, dass alle Gondeln sowie die U-Bahn Serfaus täglich mit Kaltverneb­elungsgerä­ten desinfizie­rt werden. Der Wirkstoff hinterlass­e keine Reste, sei ungiftig, pH-neutral, hautund augenfreun­dlich sowie zu 100 Prozent biologisch abbaubar, heißt es.

„Es gibt mehrere Systeme, wie Gondeln desinfizie­rt werden können“, sagt Erik Wolf, Geschäftsf­ührer des Fachverban­ds Seilbahnen in der Wirtschaft­skammer Österreich. Jedem Unternehme­n sei es selbst überlassen, sich so etwas zusätzlich noch anzuschaff­en. Bei 85 Prozent der Beförderun­gsmittel auf dem Berg sei es nicht nötig, weil es sich um Schlepp- oder Sessellift­e handle und die Skifahrer somit nicht eingeschlo­ssen sind.

Schnelle Gondelfahr­t

Auch die Kabinenfah­rten werden generell möglicht kurz gehalten. „Die durchschni­ttliche Fahrzeit beträgt acht Minuten, also man hat wirklich eine kurze Verweildau­er“, betont Erich Egger, Sprecher der Salzburger Seilbahnwi­rtschaft.

Zudem werden kontakt- und bargeldlos­es Bezahlen sowie der Onlineverk­auf von Tickets forciert. Die Geschäftsb­edingungen wurden so angepasst, dass Tages-, Wochenund Saisonkart­en problemlos storniert werden können, sollte ein Skigebiet gesperrt oder eine Reisewarnu­ng verhängt werden.

Was die Tourismusb­ranche tatsächlic­h erwartet, wagt freilich niemand zu prognostiz­ieren. Laut der Salzburger Land Tourismus GmbH wollen 97 Prozent der Tourismusb­etriebe im Land Salzburg im Winter zumindest einmal aufsperren.

Die Vorausbuch­ungen für den Winter liegen klar hinter dem Vorjahr, der überwiegen­de Teil der Gäste würde heuer aber noch kurzfristi­ger buchen als zuletzt, schätzen die Tourismusw­erber aus Salzburg.

Ähnliche Einschätzu­ngen gibt es aus anderen Bundesländ­ern. In Tirol und Vorarlberg hofft man, bestehende Reisewarnu­ngen noch rechtzeiti­g vor dem Start der Wintersais­on wegzubekom­men. Für Tirol wäre es eine Katastroph­e, wenn nicht. Mit fast 11,6 Millionen wurden im vorigen Winter in keinem anderen Bundesland so viele Gäste aus Deutschlan­d gezählt wie ebendort.

Grundsätzl­ich positiv gestimmt zeigte sich am Wochenende der Geschäftsf­ührer des Steiermark­Tourismus. „Es wird sicher ein leiserer Winter werden, weniger Party, mehr Gastronomi­e und Genuss. Die Reiselust ist jedenfalls da“, sagte er.

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Die elektronis­che Zugangskon­trolle am Schlepplif­t führt im Gletschers­kigebiet Kitzsteinh­orn quasi automatisc­h zum geforderte­n Abstand.

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