„Wir können nicht in einem Sommer alles umkrempeln“
Der Steirer Michael Pircher feilt als Trainer der Riesenslalomgruppe mit Tüftler Ferdinand Hirscher an der Technik der Österreicher. Nach dem Rücktritt von Marcel Hirscher klafft aber weiter eine große Lücke.
Michael Pircher hat sich als Erfolgstrainer von Marcel Hirscher einen Namen gemacht. Nach einem kurzen Intermezzo als Bindeglied zwischen Europacup und Weltcup kam im Frühjahr für ihn überraschend das Angebot, das Riesenslalomteam der Österreicher zu übernehmen. Der 45-jährige Steirer musste nicht lange überlegen.
Standard: Die erhoffte Steigerung ist in Sölden noch ausgeblieben. Gibt es dennoch bereits Fortschritte in jener Disziplin, in der es seit dem Rückzug des Dominators düster aussieht? Pircher: Unser Team, allen voran Ferdinand Hirscher, ist richtig motiviert. Wir müssen die Grundtechnik verbessern. Das erfordert einen großen Arbeitsaufwand. Auch die Athleten müssen mitziehen, sie wissen, wohin wir wollen. Und zum Teil gab es auch schon das eine oder andere Erfolgserlebnis. Jetzt muss das Ganze stabilisiert werden. Veränderungen an der Technik sind in gewissem Alter nicht mehr so leicht.
Die Gefahr ist, dass man in alte Muster zurückfällt, vor allem, wenn es um etwas geht.
Standard: War man davor auf dem Holzweg?
Pircher: Schwierig zu sagen. Die Läufer waren sehr anfällig für Innenskifehler und Ausfälle. Der Schwung über den Innenski ist schnell, aber im Weltcup, wo es vom Gelände her schon ziemlich zur Sache geht, die Pisten oft unruhig sind, ist der Außenski doch die sicherere und stabilere Variante. Wir arbeiten an einem stabilen Schwung, der auf beiden Seiten gleich gut funktionieren soll.
Standard: Inwieweit ist Ferdinand Hirscher involviert?
Pircher: Er ist immer dabei, ein vollwertiger Trainer, hundertprozentig motiviert. Er ist voll dahinter, dass die Technik verändert und verbessert wird. Und mit seinem Knowhow am Materialsektor ist er für unsere Gruppe extrem wichtig. Der Name Ferdinand Hirscher bewirkt schon etwas. Die Jungs hauen sich wirklich ins Zeug. Und wir hoffen, dass dann etwas herausschaut.
Standard: Wann kann mit einer Steigerung gerechnet werden? Pircher: Wir müssen schon realistisch sein, können nicht in einem Sommer alles umkrempeln. Es braucht Zeit. Aber wir sind mittendrin, stellen uns dieser Aufgabe und hoffen, dass wir etwas bewegen können.
Standard: Lässt sich die ungemein akribische und professionelle Arbeit, wie sie Marcel Hirscher praktizierte, auch im Riesenslalomteam implementieren?
Pircher: Absolut. Die Skitechnik ist natürlich die Hauptarbeit. Diese Basis muss einmal gelegt werden. Aber alle haben einen individuellen Stil, den man ihnen schon lassen sollte. Man muss auf die Stärken und Schwächen jedes Einzelnen eingehen. Jeder hat seine Geschichte, man kann nicht alle über einen Kamm scheren. Die Rahmenbedingungen, die am Ende des Tages maßgeblich zum Erfolg beitragen, beinhalten aber viel mehr. Es geht um Ernährung, Konditionstraining, Material, therapeutische Behandlungen, dass man im Gleichgewicht, fit und gesund ist. Wir versuchen, aus allen Facetten noch ein paar Prozent herauszukitzeln.
„Der Name Ferdinand Hirscher bewirkt schon etwas. Die Jungs hauen sich wirklich ins Zeug.“
MICHAEL PIRCHER (45) aus Schladming ist diplomierter Sportwissenschafter und betreute Hirscher von 2013 bis 2019.