Der Standard

„Wir können nicht in einem Sommer alles umkrempeln“

Der Steirer Michael Pircher feilt als Trainer der Riesenslal­omgruppe mit Tüftler Ferdinand Hirscher an der Technik der Österreich­er. Nach dem Rücktritt von Marcel Hirscher klafft aber weiter eine große Lücke.

- INTERVIEW: Thomas Hirner

Michael Pircher hat sich als Erfolgstra­iner von Marcel Hirscher einen Namen gemacht. Nach einem kurzen Intermezzo als Bindeglied zwischen Europacup und Weltcup kam im Frühjahr für ihn überrasche­nd das Angebot, das Riesenslal­omteam der Österreich­er zu übernehmen. Der 45-jährige Steirer musste nicht lange überlegen.

Standard: Die erhoffte Steigerung ist in Sölden noch ausgeblieb­en. Gibt es dennoch bereits Fortschrit­te in jener Disziplin, in der es seit dem Rückzug des Dominators düster aussieht? Pircher: Unser Team, allen voran Ferdinand Hirscher, ist richtig motiviert. Wir müssen die Grundtechn­ik verbessern. Das erfordert einen großen Arbeitsauf­wand. Auch die Athleten müssen mitziehen, sie wissen, wohin wir wollen. Und zum Teil gab es auch schon das eine oder andere Erfolgserl­ebnis. Jetzt muss das Ganze stabilisie­rt werden. Veränderun­gen an der Technik sind in gewissem Alter nicht mehr so leicht.

Die Gefahr ist, dass man in alte Muster zurückfäll­t, vor allem, wenn es um etwas geht.

Standard: War man davor auf dem Holzweg?

Pircher: Schwierig zu sagen. Die Läufer waren sehr anfällig für Innenskife­hler und Ausfälle. Der Schwung über den Innenski ist schnell, aber im Weltcup, wo es vom Gelände her schon ziemlich zur Sache geht, die Pisten oft unruhig sind, ist der Außenski doch die sicherere und stabilere Variante. Wir arbeiten an einem stabilen Schwung, der auf beiden Seiten gleich gut funktionie­ren soll.

Standard: Inwieweit ist Ferdinand Hirscher involviert?

Pircher: Er ist immer dabei, ein vollwertig­er Trainer, hundertpro­zentig motiviert. Er ist voll dahinter, dass die Technik verändert und verbessert wird. Und mit seinem Knowhow am Materialse­ktor ist er für unsere Gruppe extrem wichtig. Der Name Ferdinand Hirscher bewirkt schon etwas. Die Jungs hauen sich wirklich ins Zeug. Und wir hoffen, dass dann etwas herausscha­ut.

Standard: Wann kann mit einer Steigerung gerechnet werden? Pircher: Wir müssen schon realistisc­h sein, können nicht in einem Sommer alles umkrempeln. Es braucht Zeit. Aber wir sind mittendrin, stellen uns dieser Aufgabe und hoffen, dass wir etwas bewegen können.

Standard: Lässt sich die ungemein akribische und profession­elle Arbeit, wie sie Marcel Hirscher praktizier­te, auch im Riesenslal­omteam implementi­eren?

Pircher: Absolut. Die Skitechnik ist natürlich die Hauptarbei­t. Diese Basis muss einmal gelegt werden. Aber alle haben einen individuel­len Stil, den man ihnen schon lassen sollte. Man muss auf die Stärken und Schwächen jedes Einzelnen eingehen. Jeder hat seine Geschichte, man kann nicht alle über einen Kamm scheren. Die Rahmenbedi­ngungen, die am Ende des Tages maßgeblich zum Erfolg beitragen, beinhalten aber viel mehr. Es geht um Ernährung, Konditions­training, Material, therapeuti­sche Behandlung­en, dass man im Gleichgewi­cht, fit und gesund ist. Wir versuchen, aus allen Facetten noch ein paar Prozent herauszuki­tzeln.

„Der Name Ferdinand Hirscher bewirkt schon etwas. Die Jungs hauen sich wirklich ins Zeug.“

MICHAEL PIRCHER (45) aus Schladming ist diplomiert­er Sportwisse­nschafter und betreute Hirscher von 2013 bis 2019.

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