Rot-Grün ist alternativlos
Was Neues muss nicht immer gut sein, das Alte nicht immer schlecht“, richtete der ehemalige Bürgermeister Michael Häupl am Mittwoch im ORF-Morgenjournal seinen Genossinnen und Genossen in Wien aus. Wenn man sich die Berichterstattung seit dem Wahlsonntag genauer anschaut, erhält man den Eindruck, dass Rot-Pink in Wien, also eine Koalition aus Sozialdemokraten und Wirtschaftsliberalen, so gut wie fix ist.
Aktionismus. Na und?
Bürgermeister Michael Ludwig gilt als besonnen und pragmatisch. Wer, wenn nicht er, weiß, wie sein derzeitiger Koalitionspartner, die Grünen, ticken. Wenn ihm jetzt erstarkte Genossen eine Koalition mit den Neos schmackhaft machen möchten, ist das ein verständlicher Reflex auf den Ärger, den Koalitionspartner auslösen können und dürfen. Sympathien spielen in der Politik eine große Rolle, sollten aber nicht überbewertet werden. Man erinnert sich, wie die politische Liebesheirat in der Steiermark zwischen Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer und seinem Vorgänger Franz Voves jäh geendet hat.
Jeder weiß seit Gründung der Ökopartei, dass die Grünen immer für eine Überraschung gut sind. Sie sind sicher kein einfacher Partner, davon kann nun auch Kanzler Sebastian Kurz ein Lied singen: Die Forderung nach einem Pfand für Plastikflaschen, nach der Aufnahme von Flüchtlingskindern aus Moria, die Diskussion um eine Vermögenssteuer haben den Türkisen mehrmals die Zornesröte ins Gesicht getrieben. Na und? Dafür werden die Grünen gewählt. In ihrem Aktionismus liegt auch ein
Teil ihrer Kraft. Es gibt genug pragmatische wie strategische Köpfe innerhalb der Wiener Grünen, die beides gut miteinander verbinden können und wollen.
Wien braucht zur Bewältigung der größten Wirtschaftsund Gesundheitskrise nicht nur eine stabile wie starke Regierung. Wien braucht eine Ökopartei in einer Koalition, damit die richtigen Maßnahmen heute gesetzt werden, um die Klimaerhitzung von morgen einzudämmen. Leuchtturmprojekte wie das 365-EuroTicket oder die Begegnungszone Mariahilfer Straße hätte es ohne grünen Mut nicht gegeben. Sie haben bis heute nichts an ihrer Strahlkraft verloren, liegen aber in der Vergangenheit. Vizebürgermeisterin Birgit Hebein hat sich leider in ihrer Pop-upPolitik verheddert, war diese noch so gut gemeint. Was es neben einer tragfähigen Regierung braucht, sind langfristige, nachhaltige und vor allem verlässliche Projekte für ein grünes Wien. Größte Schnittmenge
Wenn es also Bürgermeister Ludwig tatsächlich darum geht, mit jener Partei eine Koalition einzugehen, mit der die SPÖ die größte Schnittmenge hat, müssen die Grünen die erste Wahl sein. Hier gibt es programmatisch die größten Überschneidungen bei den Themen Soziales, Umweltund Klimaschutz, leistbarer Wohnraum – und eben auch Bildung. Verständlich, dass die Neos mitregieren wollen, aber für die Zukunft der Stadt liefern die Grünen die besseren Visionen.