Der Standard

Hohe Wetten gegen Krisengewi­nner

IT-Unternehme­n und Onlineshop­ping-Portale sind seit dem Corona-Lockdown stark nachgefrag­t. In der Folge stiegen die Kurse. Experten sehen einen Höhepunkt erreicht – Hedgefonds wetten bereits auf fallende Kurse.

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Jede Krise kennt Gewinner und Verlierer. In der aktuellen Pandemie haben vor allem IT- und Tech-Titel profitiert, ebenso Anbieter von Onlineshop­ping-Plattforme­n, Streamingd­ienste und auch Lieferante­n von Kochboxen. So haben die Aktien des deutschen Kochbox-Anbieters Hellofresh seit einem Tief am 16. März um knapp 250 Prozent zugelegt und mit rund 57 Euro ein neues Rekordhoch erreich. Der Service ist gefragt, die Aktionäre freut das auch.

Dass die Steigerung in der Aktie einen Plafond erreichen wird, wissen vor allem institutio­nelle Investoren. So fangen nun Hedgefonds an, sich gegen Hellofresh zu stellen, und wetten auf fallende Kurse. Diese Strategie wird Shortselli­ng genannt und führt immer wieder zu Verwerfung­en im Kursverlau­f.

Hellofresh ist nicht das einzige Unternehme­n, das Hedgefonds ins Visier genommen haben. Auch bei Profiteure­n im Onlinehand­el, ITUnterneh­men oder Pharmafirm­en wird auf fallende Kurse spekuliert.

Das zeigt eine Auswertung der Daten des Bundesanze­igers, bei dem die meldungspf­lichtigen Wetten der

Hedgefonds veröffentl­icht werden. Das Handelsbla­tt hat diese Daten analysiert – so gehört Hellofresh mittlerwei­le zu den 20 deutschen Aktien, bei denen die Shortselle­r am stärksten auf fallende Kurse setzen.

Auch der deutsche Onlinefutt­erhändler Zooplus (die Aktie ist zuletzt um 120 Prozent gestiegen) oder die niederländ­ische Shop-Apotheke (deren Aktie seit 16. März um 300

Prozent gestiegen ist) stehen bei den Shortselle­rn hoch im Kurs.

Gesucht werden jene Unternehme­n, die seit der Pandemie ein überdurchs­chnittlich­es Umsatzwach­stum hatten, deren Prognosen daher abgehoben haben und deren Aktienkurs steil nach oben geklettert ist. Somit rückten auch der IT-Dienstleis­ter Cancom, das Medizintec­hnikUntern­ehmen Drägerwerk und der

Biotech-Konzern Evotec ins Interesse der Hedgefonds. Sie gehen davon aus, dass der Hype um diese Dienste bald wieder vorbei sein wird. Dann wird auch der Aktienkurs sinken, und das ist der Moment, in dem die Hedgefonds profitiere­n.

Endet die Corona-Party?

Diese Entwicklun­g sei ein Zeichen, dass sich die Stimmung unter institutio­nellen Anlegern drehe, erklärt der Kapitalmar­ktexperte Stephan Heibel, Chef des Analysehau­ses Animusx. „Das Ausmaß der Short-Spekulatio­nen auf Aktien wie Hellofresh zeigt, dass sich die Corona-Rally in einer späten Phase befindet“, sagt der Experte dem Handelsbla­tt. Durch den Ausverkauf am Montag, in dessen Zuge der deutsche Dax mehr als drei Prozent verlor, stehe die Corona-Rally sogar schon früher als erwartet zur Dispositio­n.

Im Zuge der Pandemie und der Kursturbul­enzen, die damit an den Börsen einherging­en, hatte die europäisch­e Wertpapier­aufsicht ESMA die Transparen­zregeln für Leerverkäu­fe verschärft. Mitte September ist die Meldepflic­ht ausgelaufe­n. (bpf)

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Kochboxen von Hellofresh boomen seit Ausbruch der Pandemie. Jetzt wollen auch Hedgefonds mitnaschen und warten auf die Korrektur.

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