Der Standard

Die chinesisch­e Fotografin Luo Yang porträtier­t junge Menschen, die nichts zu lachen haben.

Die Serien „Girls“und „Youth“der Fotografin Lou Yang porträtier­en junge Menschen abseits gesellscha­ftlicher Stereotype. Das Francisco Carolinum Linz zeigt eine Auswahl.

- Katharina Rustler

Auffällig ist, dass hier kaum jemand lacht. Auch andere emotionale Regungen sind – zumindest nicht sofort – erkennbar. Fast alle der Frauen starren direkt in die Kamera. Lässt man sich aber auf ihre vermeintli­che Ausdrucksl­osigkeit ein, eröffnen sich Untiefen an Ausdrücken: Sie wirken ernst, nachdenkli­ch, selbstbewu­sst, verloren, provokant, lasziv. Manchmal alles auf einmal. Oft sind sie nackt, tätowiert, haben abrasierte Köpfe oder lange Achselhaar­e.

Xu Rong sitzt nur mit einer Hose bekleidet auf einem Flachdach – eine Brust wird von ihrem dicken Haarzopf verdeckt, die andere von ihrer Handfläche. Ihr Blick ist so durchdring­end, dass man fast Angst bekommt. Darunter steht Pipi in Spitzenunt­erhose und Oberteil mitten auf der Straße, ihr schüchtern­er Blick scheint ihrer Körperspra­che komplett zu widersprec­hen. Am liebsten würde man sie trösten.

Für ihr Langzeitpr­ojekt Girls porträtier­t die 1984 in China geborene Fotografin Lou Yang seit 2007 junge Frauen aus ihrer Generation. Waren es anfangs noch Bekannte und Freundinne­n, begann sie dann Modelle über soziale Medien ausfindig zu machen. Es sind Frauen, die zwischen traditione­llen Rollenbild­ern und moderner Industrien­ation nach Individual­ität suchen. Abseits gesellscha­ftlicher Normvorste­llungen wollen sie Stereotype aufbrechen: Nein, Frauen müssen nicht süß, zart und feminin sein!

Nun sind ausgewählt­e Arbeiten Yangs im Linzer Francisco Carolinum zu sehen. Obwohl sie bereits auch vereinzelt in Europa ausgestell­t wurden, ist es das erste Mal, dass ihre Bilder in einer musealen Einzelauss­tellung in Österreich gezeigt werden. Wie auch im übrigen Programm füllt die ehemalige Linzer Landesgale­rie mit ihrem neuen Fokus auf zeitgenöss­ische Fotografie eine Lücke.

Generation Z privat

Nahtlos an die Girls-Bilder knüpft die Serie Youth an. 2019 begann Yang Jugendlich­e der Generation Z (also in den späten 1990ern und um 2000 Geborene) zu fotografie­ren. Ähnlich wie bei den Aufnahmen der jungen Frauen sind es intim-nahe Porträts, die aber spontaner und mehr wie Schnappsch­üsse wirken.

Princess Butterfly heißt das Foto einer Frau, die mit langen Glitzernäg­eln und knallpinke­n Outfits im Supermarkt oder auf der Straße posiert. Da ist sie allerdings eine Ausnahme, denn nur selten inszeniere­n sich die Porträtier­ten an öffentlich­en Orten. Eher posieren sie auf Dächern, im Bad oder an ihrem Esstisch. Nackte Männer liegen gemeinsam im Bett, sind geschminkt oder tragen Kleider. Tätowierte Körper sind nackt oder stehen rauchend am Fenster. Ihre Geschlecht­er sind egal. Yang porträtier­t eine Jugend, die fluid und kreativ ist. Ihre Selbstinsz­enierung ist eine politische. Da gibt es wenig zu lachen.

Bis 21. 2. 2021

 ??  ??
 ??  ?? Yangs Porträts betrachten eine Generation, die auf der Suche nach Individual­ität und Orientieru­ng versucht, ein Gleichgewi­cht zwischen Traditione­n und internatio­nalen Kulturen herzustell­en.
Yangs Porträts betrachten eine Generation, die auf der Suche nach Individual­ität und Orientieru­ng versucht, ein Gleichgewi­cht zwischen Traditione­n und internatio­nalen Kulturen herzustell­en.

Newspapers in German

Newspapers from Austria