Das Virus kennt kein Tabu
Man mag dem steirischen Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer vieles vorwerfen. Für eines steht der bekennende Großkoalitionär und lebenslange Sozialpolitiker bei seinem Vorschlag, man solle einen „verfassungsmäßig gangbaren Weg“zur Kontrolle der Corona-Regeln auch im privaten Bereich suchen, nicht: für eine Politik, die „austrofaschistische Überwachungsfantasien“ausleben will, wie der blaue Klubchef Herbert Kickl meint.
Das ist ein absurder Vorwurf. Er kommt in einer Zeit, in der die zweite Welle der Corona-Pandemie einem halben Dutzend EU-Staaten erneut Lockdown-ähnliche Zustände bescherte; und Regierungen unter demokratisch und rechtsstaatlich einwandfreien Umständen harte Beschränkungen von Grundrechten setzen – im öffentlichen wie im privaten Bereich.
Natürlich ist dabei besondere Vorsicht, legistische Zurückhaltung geboten. Aber es ist auch klar, dass etwa das Recht auf Leben über dem Recht auf Freiheit des Einzelnen steht, notfalls über dem Recht auf Schutz des privaten Wohnbereichs.
Menschen, die im Partykeller oder im Garten Corona-Partys abfeiern, die andere gefährden, sind ein Problem. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass der private Raum quasi über dem Gesetz stehe, der Staat dort niemals eingreifen darf, wenn das Gemeinwohl gefährdet ist. Das sollte seriös diskutiert, wenn nötig im Einklang mit der Verfassung geregelt oder im Zweifel verworfen werden. Das Virus kennt kein Tabu.