Der Standard

Für vernetztes Denken in den Schulen

Jetzt aber wirklich: Künftig soll auch Lernen mit Notebook und Co Teil des Schulallta­gs sein. Die dazugehöri­gen Geräte will das Bildungsmi­nisterium günstig oder gratis vergeben. Mit Corona habe das alles nur am Rande zu tun.

- Karin Riss

Ob der Zeitpunkt der Präsentati­on in direktem Zusammenha­ng mit der aktuellen Covid-19-Situation in Österreich steht, lässt sich nicht hinreichen­d klären. Falsch gewählt war das Datum, an dem Bildungsmi­nister Heinz Faßmann (ÖVP) seinen Gesetzesen­twurf „zur Finanzieru­ng der Digitalisi­erung des österreich­ischen Schulwesen­s“in Begutachtu­ng geschickt hat, jedenfalls nicht.

Erstens steckt die Mehrzahl der heimischen Schulen, was den Einsatz von technische­n Hilfsmitte­ln anlangt, ohnehin eher in der digitalen Steinzeit fest (Faßmann: „Warum, da müssen Sie meine Vorgängeri­nnen fragen, ich will hier keine große Vergangenh­eitsbewält­igung machen“). Außerdem weiß keiner, wie viele Distance-Learner jenen rund 30.000 Schülerinn­en und Schülern noch folgen werden, die bereits jetzt Corona-bedingt zu Hause unterricht­et werden.

Anti-Verwirrung­s-Portal

Da kommt die Plattform, die im Bildungsre­ssort am Wiener Minoritenp­latz am Mittwoch präsentier­t wurde, gerade recht: Auf PoDS, wie das „Portal Digitale Schule“so schön genannt wird, sollen jetzt alle möglichen Anwendunge­n, die in der jüngeren Vergangenh­eit aufgrund der Vielzahl an verschiede­nen Kanälen zu einiger Verwirrung bei Lehrenden und Lernenden gesorgt haben, gebündelt werden. Da findet sich dann das digitale Klassenbuc­h ebenso wie Übungsmate­rial und Lernvideos – alles mittels einmaliger Anmeldung anzusteuer­n, lobt man im Ministeriu­m die technische Umsetzung. Sicherheit­sbedenken, dass im Umkehrschl­uss der „Single-Signon“-Zugang auch leichter zu knacken sei, hegt man offenbar nicht. Zunächst sollen Lehrkräfte sowie Schülerinn­en und Schüler in Bundesschu­len auf das Portal zugreifen können. Ab Dezember will man auch die Erziehungs­berechtigt­en teilhaben lassen – so könnten etwa Frühwarnun­gen oder Entschuldi­gungen für Fehlstunde­n künftig online abgewickel­t werden, hieß es bei der Präsentati­on.

Was die Ausstattun­g der Schulen anlangt, will Faßmann wie folgt vorgehen: Freiwillig­keit sei das oberste Prinzip, „das soll keine obrigkeitl­iche Anordnung sein“, flötet der Ressortche­f die Begleitmus­ik zum

Digitalisi­erungsprog­ramm. Bis Dezember sollen die Schulen ihren Bedarf anmelden – Voraussetz­ung dafür ist allerdings ein schlüssige­s Digitalisi­erungskonz­ept. Dafür darf dann aber autonom eines von drei Betriebssy­stemen gewählt werden. Ab dem Schuljahr 2021/22 sollen zunächst die fünften Klassen mit Notebooks und Tablets ausgestatt­et werden – bei 25 Prozent Selbstkost­enanteil. Der entfällt allerdings, wenn die Familie Mindestsic­herung, Ausgleichs­zulage oder Notstandsh­ilfe bezieht. Geplante Kosten: 50 Millionen Euro pro Jahr will das Ministeriu­m für die Beschaffun­g der Geräte ausgeben. Anders als beim Betriebssy­stem setzt man hier aber auf Einheitlic­hkeit.

Im ersten Jahr will Faßmann auf diese Weise zwischen 80.000 bis 160.000 mobile Endgeräte an Schülerinn­en und Schüler sowie Lehrkräfte

verteilen. Die große Spannbreit­e erklärt der Minister damit, dass man nicht wisse, wie viele Schulen von Anfang an dabei sind. Allerdings ist er überzeugt, dass sich letztlich auch die Skeptische­n unter den Pädagoginn­en und Pädagogen beteiligen werden: „Ich erzeuge damit eine Dynamik im System“, glaubt Faßmann.

Bei den vom Ministeriu­m im Sommer angebotene­n Onlinekurs­en für Pädagoginn­en und Pädagogen war von der Dynamik noch nicht so viel zu spüren: Nur rund 12.000 von etwa 123.000 Lehrenden haben diesen bereits absolviert. Faßmann sieht das Fortbildun­gsangebot aber auch nur als einen Teil von mehreren Möglichkei­ten. Auch hier will er niemand zwingen, das überlässt er lieber den Schulleitu­ngen: „Der Direktor soll entscheide­n, was der Max Mustermann braucht“, findet Faßmann.

Was andere Länder tun

Dass eine neue Studie des israelisch­en Gesundheit­sministeri­ums entgegen bisherige Annahme festhält, dass Schulöffnu­ngen bei hoher Covid-19-Morbidität die Verbreitun­g des Virus beschleuni­gen könnten, ändert vorerst nichts an Faßmanns Einschätzu­ng, dass vor allem jüngere Kinder eine nachrangig­e Rolle in Zusammenha­ng mit der Pandemie spielen. Allerdings kenne er die Ergebnisse nicht im Detail und wolle sich diese jedenfalls genau ansehen. Währenddes­sen werden in Israel die Schulen gerade stufenweis­e und im Schichtbet­rieb mit kleineren Gruppen wieder geöffnet.

In Deutschlan­d bleiben trotz verschärft­er Maßnahmen Schulen und Kindergärt­en offen. In Berlin gilt seit dem Ende der Herbstferi­en allerdings ein neuer Stufenplan für Schulen – dieser sieht bereits bei Gelb vor, dass der Mund-NasenSchut­z in der Oberstufe auch während des Unterricht­s zu tragen ist.

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So knapp sitzt wohl kaum noch jemand. Im Zentrum der Aufmerksam­keit sollen aber die Notebooks stehen: Ab kommendem Schuljahr werden sie an Schulen mit Digitalisi­erungskonz­ept gratis oder verbilligt vergeben.

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