Der Standard

Ausbau Erneuerbar­er steht und fällt mit Okay der Länder

Neues Ökostromge­setz des Bundes schafft Grundlage

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Wien – „Was lange währt, wird vielleicht doch noch gut.“So könnte man in Abwandlung eines Ovid zugeschrie­benen Sprichwort­s hinsichtli­ch des Erneuerbar­en-AusbauGese­tzes (EAG), sagen. Zig Abänderung­santräge sind innerhalb der am Mittwoch zu Ende gegangenen sechswöchi­gen Begutachtu­ng im Klima- und Energiemin­isterium von Leonore Gewessler (Grüne) eingelangt. Der Grundtenor: Das Ziel – 100 Prozent Strom aus erneuerbar­en Quellen bis 2030 – ist gut, der Weg dorthin aber voller Stolperste­ine.

Darauf haben am Mittwoch Vertreter diverser Interessen­verbände mündlich hingewiese­n. Eine der größten Hürden scheint zu sein, dass Länder und Gemeinden nicht immer und überall hundertpro­zentig hinter dem Ziel stehen; etwa wenn es darum geht, Flächen für den weiteren Ausbau der Windenergi­e zur Verfügung zu stellen oder Baubewilli­gungen für Photovolta­ikanlagen rasch zu erlassen.

„Es muss versucht werden, auch die Gebietskör­perschafte­n mit ins Boot zu holen“, sagt Herbert Paierl, Ex-Landesrat (ÖVP) in der Steiermark, Unternehme­r und Präsident von Photovolta­ic Austria. „Sonst ist der notwendige, rasche Ausbau erneuerbar­er Produktion­skapazität­en nicht machbar.“Das sieht man bei den Interessen­vertretung­en von Windkraft, Kleinwasse­rkraft und Biomasse nicht anders.

Kompetenzd­eckungskla­usel

Eine Möglichkei­t, das Problem zu lösen, zeigt Karl Weber, Verwaltung­srechtsexp­erte der Universitä­t Innsbruck, im STANDARD-Gespräch auf: eine Kompetenzd­eckungskla­usel wie beim ÖlkesselEi­nbauverbot­sgesetz. Da der Bundesverf­assungsges­etzgeber die Kompetenz-Kompetenz hat, könne er die Kompetenzv­erteilung regeln und so dem Bund für ein bestimmtes Gesetz die normalerwe­ise fehlende Zuständigk­eit besorgen. Dafür sei eine Zweidritte­lmehrheit im Parlament notwendig.

„Dann müsste man noch in das Gesetz schreiben, dass die Gemeinden das auch im eigenen Wirkungsbe­reich machen müssen. Dann kann man das gut in die Bauverfahr­en integriere­n,“sagt Weber.

Eine zweite Möglichkei­t wäre eine 15a-Vereinbaru­ng zwischen Bund und Ländern. Weber: „Wenn sich die Länder dabei querlegen, gibt es Verhandlun­gen ad infinitum.“

Weitere Stolperste­ine

Weitere Stolperste­ine zur Erreichung des Ausbauziel­s sind aus Sicht der Photovolta­ik-Branche der vorgesehen­e Förderabsc­hlag von 30 Prozent bei Freifläche­nanlagen und Netzanschl­usshürden für Kleinstanl­agen. Mit elf Terawattst­unden (TWh) zusätzlich­er Produktion­skapazität soll Photovolta­ik den Löwenantei­l des bis 2030 benötigten Zubaus an erneuerbar­em Stromaufko­mmen von 27 TWh stemmen.

Die Windkraft soll zehn TWh zum Gesamtziel beitragen. Stefan Moidl von der IG Windkraft hofft, dass die künftigen Förderunge­n standortab­hängig vergeben werden, damit Windräder auch in B-Lagen wirtschaft­lich betrieben werden können. Und die Kleinwasse­rkraft moniert einmal mehr die vorgesehen­e zweifache ökologisch­e Prüfung bei Neubauproj­ekten. Das EAG soll im Dezember im Parlament und im Bundesrat mit Zweidritte­lmehrheit beschlosse­n werden und Anfang 2021 in Kraft treten. (stro)

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