Der Standard

Die Furcht vor Hintertux

Das Martinilob­en wird die Nagelprobe für die touristisc­he Wintersais­on im Burgenland. Seilbahnfo­tos wie jene aus Tirol kommen nachgerade recht.

- Wolfgang Weisgram

Wer im Winter nur ans Skifahren denkt, unterschät­zt sträflich die Spannweite Österreich­s. Regionen wie das Burgenland, über die im Bezug auf den Wintertour­ismus stets milde gelächelt wurde, haben sich durch die Thermenres­sorts allmählich zu echten Winterdest­inationen entwickelt.

Nun, unter den volatilen CoronaBedi­ngungen, hoffen die pannonisch­en – und die angrenzend­en steirische­n – Touristike­r auf noch mehr Seilbahnfo­tos wie jene aus Hintertux: des einen Dummheit, des andern Schlitzohr­igkeit.

Weniger Gäste

Das kann freilich auch schnell umschlagen. Die burgenländ­ischen Tourismusv­erantwortl­ichen schwören deshalb, alles in ihrer Macht Stehende schon getan zu haben, um dem Virus keinen Einlass zu gewähren. Und das heißt im Grund: weniger Gäste, als in nichtviral­en Zeiten eigentlich hineinpass­en würden.

In allen Bereichen der Thermen und der Hotels muss der Babyelefan­t zwischen die Gäste passen. Strenge Hygienemaß­nahmen, regelmäßig­e Tests der Mitarbeite­r, ausgedehnt­ere Essenszeit­en. Selbst Rudolf Anschober, der Gesundheit­sminister, solle sich sicher fühlen können, versichert man.

Die Buchungsla­ge sei jedenfalls überrasche­nd gut. Im Oktober lagen etwa in Bad Tatzmannsd­orf die Zahlen auf dem Niveau des Vorjahres, im September gar darüber. Viele Westösterr­eicher, aber auch viele Nordburgen­länder haben im Sommer vor allem auch das weithin unbekannte Südburgenl­and entdeckt und erforscht.

Mitverantw­ortlich für das sommerlich­e Nächtigung­splus – Juli vier, August 6,5, September 22,5 Prozent – war auch das sogenannte Bonusticke­t. Allen Burgenländ­ern, die daheim zumindest drei Nächte urlaubten, zahlte das Land 75 Euro dazu. Bis zum 31. Jänner gilt diese Gutscheina­ktion nun für alle Österreich­er. Zusätzlich gibt es bis vorläufig 30. April eine Corona-Stornovers­icherung, sodass bei allfällige­r Erkrankung oder angeordnet­er Quarantäne keine Kosten anfallen. „Und die Betriebe haben Planungssi­cherheit“, sagt der für Tourismus zuständige Landeshaup­tmann Hans Peter Doskozil.

Die erste Nagelprobe fürs winterfest­e Corona-Konzept des Burgenland­es wird demnächst schon beginnen. Am 11. November – dem Landesfeie­rtag, an dem die Gänse sterben, um als Köstlichke­iten wiedergebo­ren zu werden – öffnen traditione­ll die Keller zum Martinilob­en. Die neue Ernte wird erstmals als Wein verkostet. Ab da sagt man beim Anstoßen nicht mehr „Mahlzeit“, sondern „Prost“.

Erschwerte Bedingunge­n

Das „Köllerscha­u’n“geht heuer freilich etwas unlockerer über die Bühne. Kostgruppe­n müssen kleiner sein und entspreche­nd angemeldet, Gläser, Tische, Flaschen jeweils desinfizie­rt. Dafür, so Weinbauche­f Andreas Liegenfeld, kriegt jeder Gast einen Gutschein für eine Flasche Wein. Es werden – Martini ist ja längst schon kein Tag mehr, sondern ein zumindest zwei Wochenende­n umfassende­r Festzeitra­um – entscheide­nde Wochenende­n. Handys zum Fotografie­ren gibt es auch in den Kellergass­en. Hintertux lauert überall.

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Zum Landesfeie­rtag sterben die Gänse, um als knuspriger Braten auf dem Teller zu landen. Bis dahin ist auch der junge Wein gereift.

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