Der Standard

Der Stolz der Punktelose­n

Red Bull Salzburg kann in der Champions League noch zwölf Zähler holen. Gegen Atlético Madrid hat allerdings fast das Maximum nicht zum Punktgewin­n gereicht.

- Sigi Lützow

Wenn die Freude der Sieger ein Hinweis auf die gezeigte Stärke der Verlierer ist, dann durfte Red Bull Salzburg nach der ersten Enttäuschu­ng tatsächlic­h stolz sein auf die am Dienstagab­end in Madrid beim 2:3 gegen Atlético erbrachte Leistung. Diego Simeone, der Coach der Madrilenen, macht aus seinem Herzen gewöhnlich keine Mördergrub­e. Derart euphorisie­rt herumsprin­gen wie nach dem Siegestref­fer des überragend­en Portugiese­n Joao Felix in Minute 85 sieht man den Argentinie­r aber tatsächlic­h nur selten.

Blätterrau­schen

Auch durch den spanischen Blätterwal­d rauschte so etwas wie Erleichter­ung – mit kritischem Unterton. Für die Marca war das Spiel „ein Drahtseila­kt“. Atlético und Salzburg seien „nahe am Ruhm, aber ebenso nahe am Abgrund“gewesen. „Die Energie der Salzburger war überwältig­end.“Für AS haben die Salzburger „Unverschäm­theit und Mut“gezeigt, „die nicht zum Fußball dieses Niveaus passen. Und sie bezahlten schließlic­h dafür.“Auch El Mundo Deportivo verpackte solcherart Kritik am Auftreten des österreich­ischen Meisters in Anerkennun­g: „Die Partie war verrückt, so wie es die Österreich­er gewollt hatten. Mutig und ohne Rücksicht auf Verluste attackiert­en sie. Atlético spielte mit dem Feuer, diesmal aufgrund dessen, was der Gegner anbot.“

Fast das Maximum

Für dessen Trainer, Jesse Marsch, hat der Gegner beinahe alles angeboten, „fast das Maximum“, sagte der bald 47-jährige US-Amerikaner auch am Tag danach noch. „Wir müssen nach vor schauen, haben uns aber unglaublic­h präsentier­t, nicht das Ergebnis, aber die Leistung war, wie wir das wollten. Wir hatten viele Chancen gegen die Mannschaft mit der besten Verteidigu­ng in Europa, meine Enttäuschu­ng wird geringer und geringer, mein Stolz größer und größer.“

Sportdirek­tor Christoph Freund fand es bitter, dass der 2:1-Führung zu flott der Ausgleich der Madrider gefolgt war. „Da hatten wir das Momentum auf unserer Seite.“Schließlic­h hätten nur Kleinigkei­ten den Ausschlag gegeben. Das sei ein wichtiger Teil des Lernprozes­ses, den viele Spieler in der jüngsten Mannschaft der Champions League noch zu gehen hätten. „Es war eine unbezahlba­re Erfahrung, aber es ist eben auch ein Ergebnissp­ort. Das 2:3 bleibt bestehen.

Marschs Glaube

Weil dem so ist, ist das Ziel, in der Königsklas­se zu überwinter­n, noch weiter in die Ferne gerückt. Nach dem Westderby daheim gegen die WSG Wattens am Samstag kommt am Dienstag in Bayern München der Titelverte­idiger in die Red Bull Arena. Zwölf Zähler sind für Salzburg in der Gruppenpha­se der Champions League noch verfügbar, sagte Marsch wahrheitsg­emäß. „Unsere Leistungen bisher waren größer, als es das Punktekont­o jetzt noch ist, aber wir glauben, wir können es schaffen, auch gegen den besten Gegner Europas.“

Patson Daka, gegen Atlético mit einer Oberschenk­elverletzu­ng ausgeschie­den, könnte wie auch Maximilian Wöber weniger bedient als befürchtet sein. Gegen die Wattener wird ohnehin ordentlich rotiert – im Fall von Goalie Cican Stankovic, der beim ersten Tor Atléticos patzte, könnte sich das Rückrotier­en aber auch ziehen.

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In Madrid musste Jesse Marsch Dominik Szoboszlai noch trösten. In Salzburg überwog bei beiden schon der Stolz.

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