Der Standard

Der Ukrainer, der frech wurde

- Ljubiša Tošić

Im Rahmen unserer extrem beliebten Serie „Wege aus dem Horrordick­icht der Corona-News“führte uns der Fluchtweg kurz nach 20.00 Uhr zu ORF I, zu jenem Platz, an dem gemeinhin Hallo Österreich wartet. Doch kam es noch besser. Statt der Kurzsendun­g die Wiener Stadthalle, Dominic Thiem hat gegen einen jungen Ukrainer Mühe! An sich ein völlig normaler Vorgang: Witalij Satschko legt sich bei 5:5 im zweiten Satz nicht einfach auf den Boden, Thiem um jene Niederlage anzubettel­n, die ihn – nach wackerem Kampf – letztlich doch ereilen sollte. Nein, der Junge quält unser Genie

KOMMENTATO­REN QUÄLEN SICH BEIM TENNISSIEG VON THIEM

während des Matchfinal­es, und zwei Kommentato­ren können es nicht fassen, dass sich der Gastspiele­r nicht ergibt.

Sie wirken – ein bisschen nach dem Motto „Was erlauben Satschko!“– überrascht und recht peinlich gefangen in einem einzigen Satz, den sie unentwegt variieren. Etwa: Satschko, der in der Weltrangli­ste den Platz 529 belegt, bereite Thiem einen schwereren Turniersta­rt, als man dachte. Oder: Satschko spiele nicht annähernd wie eine 529 der Weltrangli­ste. Dann wieder: Es sei nicht selbstvers­tändlich, wenn du als 529 der Weltrangli­ste gegen die Nummer drei so spielst. Und nach dem Thiem-Sieg, plötzlich leicht herablasse­nd und gönnerhaft: Satschko habe über einige Strecken doch vernünftig mitgespiel­t.

Der sympathisc­he, erschöpft wirkende Thiem sprach immerhin in der Stadthalle hernach aus, was den Kommentato­ren in der Schlusspha­se des Matches nicht über die Lippen hat kommen wollen: „Alle, die hier sind, können richtig gut Tennis spielen.“Danke.

Ist so stehen zu lassen. Da braucht es keinerlei Schlusspoi­nte.

dst.at/TV-Tagebuch

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