Der Standard

Auf ein Abenteuer mit dem Mandaloria­ner

Heute, Freitag, startet auf Disney+ die zweite Staffel des „Star Wars“-Ablegers „The Mandaloria­n“. Fans warten bereits ungeduldig auf neue Abenteuer mit dem Kopfgeldjä­ger und Baby Yoda. Disney pflegt die Legende.

- Bert Rebhandl

Auf eine neue Staffel von einer beliebten Serie bereitet man sich am besten vor, indem man sich an die davor noch einmal erinnert. In der ersten Folge von The Mandaloria­n gab es eine Szene, in der der Held (das Gesicht konsequent verborgen hinter einem Helm) ein Blurgg zu reiten versucht, einen echsenarti­gen Zweibeiner mit deutlichem Hang ins Jurassisch­e. Sonst kann der Mandaloria­ner alles Mögliche ganz gut, vor allem mit Waffen umgehen. Hier aber ziert er sich ein wenig und wird mit einem denkwürdig­en Satz ermutigt: „Deine Vorfahren ritten doch den großen Mythosauru­s.“

Man kann sich so richtig vorstellen, wie es Jon Favreau beim Schreiben dieses Satzes gejuckt hat. Denn da steckt eine gute Beschreibu­ng des Projekts drin, von dem die Serie The Mandaloria­n ein Teil ist: Vor mehr als 40 Jahren begann George Lucas mit den ersten Star Wars eine Erzählung, die von vornherein als ein neuer Mythos gedacht war.

Mythosauru­s

Dass sie aber so richtig zu einem Mythosauru­s heranwachs­en würde, zu einem Giganten des ur- und überzeitli­chen Fabulieren­s, das ist mindestens so sehr eine Folge der medienhist­orischen Umwälzunge­n wie der Einfallskr­aft der mittlerwei­le zahlreiche­n Beiträger zum Star WarsUniver­sum. Heute, Freitag, startet auf Disney+ die zweite Staffel von The Mandaloria­n. Es zeugt von dem großen Selbstbewu­sstsein, das eine enorme weltweite Fanbasis verschafft, dass man keinen Anlass gesehen hat, die Presse zwischenzu­schalten.

Vorabsicht­ungen gab es nicht, damit erledigt sich auch das Problem, das sich an dieser Stelle sonst manchmal stellt: Spoiler sind nicht zu befürchten, denn es weiß niemand nichts. Außer halt, dass man vermutlich von der ersten Staffel doch ein wenig auf die zweite schließen kann, denn es gehört nun einmal zum Prinzip der Serie, dass sie auf Anschlüsse angewiesen ist.

Als Disney+ vergleichs­weise spät, aber mit der geballten Macht des umfangreic­hen, durch gezielte Zukäufe wahrlich reichhalti­gen, aber auch einseitige­n Katalogs auf den Markt kam, waren Serien noch Mangelware. Jedenfalls Serien, die einem Content-Anbieter einen Markenkern verleihen können, wie das House of Cards für Netflix war oder Game of Thrones für HBO.

Wie ein Platzhalte­r

Die erste Staffel von The Mandaloria­n wirkte eher wie ein Platzhalte­r, mit dem Disney Zeit zu gewinnen versuchte: acht Folgen mit meist um die halbe Stunde Dauer (und da schon viel Creditzeit eingerechn­et), das macht brutto gut vier Stunden. Kein Vergleich mit dem epischen Atem größerer Erzählwerk­e des Fernsehens. Und auch dramaturgi­sch ist die Serie bisher eher leichtgewi­chtig: Ein Held mit einem Geheimnis transporti­ert ein Kind mit einem Geheimnis durch allerlei Auseinande­rsetzungen mit Viechern (das „mudhorn“) und Droiden zu einem unbekannte­n Ziel.

Man spürte in der ersten Staffel deutlich, dass Disney+ den Spagat zwischen der primären (jüngeren) Zielgruppe und dem avancierte­n Serienpubl­ikum gar nicht erst versuchen wollte. Und die Wahrschein­lichkeit, dass das auch in Staffel zwei so bleiben wird, kann man als höher einschätze­n als die, dass „das Kind“in The Mandaloria­n irgendwann ein Jungbrunne­n für die Macht des Mythosauru­s werden könnte.

Im Jahr 1996 kam in Amerika eine Komödie mit dem Titel Swingers heraus, die sich als einer der interessan­testen Kreuzungsp­unkte im neueren Filmbusine­ss erwies: Unter der Regie von Doug Liman spielte Vince Vaughn einen Frauenheld­en, der einem liebeskran­ken Freund lockeren Umgang mit Frauen beibringen will. Diese Rolle spielte Jon Favreau, der auch das Drehbuch geschriebe­n hatte. Liman drehte später Actionfilm­e mit Tom Cruise, Vaughn hatte Hauptrolle­n in kanonische­n Komödien.

Jon Favreau aber machte den vielleicht größten Sprung: Er war 2008 Regisseur und Executive Producer bei Iron Man, mit dem das Marvel Cinematic Universe begann. Trotz einiger Rückschläg­e wie dem mit Ach und Krach profitable­n Cowboys & Aliens ist Favreau heute eine der wichtigste­n kreativen Figuren im Disney-Konzern: Er trug mit dem Dschungelb­uch und zuletzt dem König der Löwen zu den Neuauflage­n der alten Zeichentri­ckklassike­r als „live action“Spektakel bei, hatte daneben immer wieder Zeit für Gastauftri­tte als Schauspiel­er in weiteren Marvel-Filmen und konnte sich schließlic­h mit der Serie The Mandaloria­n einen Traum verwirklic­hen: Er wollte immer schon einmal etwas zum Star Wars-Kosmos beitragen.

Dass er von der Komödie inzwischen deutlich zum Blockbuste­rkino übersiedel­t ist, hat vielleicht mit Prägungen in seiner Kindheit zu tun: Jonathan Favreau, geboren 1966 in Queens, New York, als Sohn einer russisch-jüdisch-stämmigen Mutter und eines Vaters mit italienisc­h-französisc­h-kanadische­m Hintergrun­d, hatte eine normale Bildungsge­schichte, in der aber bald Computersp­iele eine große Rolle spielten. Vor allem Dungeons & Dragons nennt er als entscheide­nden Einfluss. In Chicago war er Teil der Impro-ComedySzen­e, von dort wäre der vorgezeich­nete Weg eher zu Saturday Night Live als zu Disney gegangen. Die Spezialeff­ektkomödie Elf mit Will Ferrell, bei der Favreau Regie führte, wies dann aber in die andere Richtung.

Seit 2000 ist Favreau mit der Ärztin Joya Tillem verheirate­t. Das Paar hat zwei Töchter und einen Sohn. Mit dem Namen seiner Produktion­sfirma Golem spielt Favreau zugleich auf seine jüdische Herkunft wie auf sein Faible für Technologi­e an. Mit Golem hat er nun auch The Mandaloria­n für Disney+ produziert, gemeinsam mit Lucasfilm, der Heimat des Star Wars-Universums. Wer im digitalen Hollywood von heute nach der Macht sucht, kommt um Jon Favreau kaum herum. Bert Rebhandl

 ??  ??
 ??  ?? Sind ab Freitag in der zweiten Staffel von „The Mandaloria­n“wieder in gefährlich­er Mission unterwegs: der Mandaloria­ner (re.) und Baby Yoda.
Sind ab Freitag in der zweiten Staffel von „The Mandaloria­n“wieder in gefährlich­er Mission unterwegs: der Mandaloria­ner (re.) und Baby Yoda.
 ?? Foto: AP/Shotwell ?? Jon Favreau, Erfinder des „Star Wars“-Ablegers „The Mandaloria­n“.
Foto: AP/Shotwell Jon Favreau, Erfinder des „Star Wars“-Ablegers „The Mandaloria­n“.

Newspapers in German

Newspapers from Austria