Ende November könnten die Intensivbetten knapp werden
Momentan sind etwa so viele Betten belegt wie kurz nach dem Lockdown – ein Ausbau sei aber erst in Monaten oder Jahren möglich
Es war sozusagen die Einstimmung auf den Samstag, was Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) da am Donnerstagnachmittag vor der Presse besprachen. Die Kernaussage: Die Intensivbetten werden knapp, wenn man jetzt nicht handelt.
Konkret, so sagte Kurz schon vor zwei Wochen, sei das ab 6000 Infektionen pro Tag der Fall, nun habe er sich diese Zahl im Gespräch mit Experten erneut bestätigen lassen. Außerdem wollte man sich einen Überblick verschaffen, wie es um die Kapazitäten stehe, weil die Bundesländer
teils unterschiedliche Zahlen melden würden. Die Conclusio: Die Situation sei ernst, sagte Anschober. Schon Ende November könnte die Auslastung der Intensivbettenkapazitäten erreicht sein.
248 Intensivbetten belegt
Zwei der Experten, mit denen die Regierung vor der Pressekonferenz beriet, standen neben Anschober und Kurz an den Pulten. Herwig Ostermann von der Gesundheit Österreich GmbH erläuterte, dass im Schnitt eine von 100 Corona-infizierten Personen innerhalb von fünf bis sieben Tagen ab Beginn der Erkrankung ins Spital müsse. Dort müsse diese Person im Schnitt dann 12,5 Tage auf der Intensivstation behandelt werden. Aktuell seien 248 Personen auf Intensivstationen, diese würden aber „rasant mehr“werden, weil die Infektionszahlen der Vorwoche die Bettenbelagszahlen von heute determinieren würden. Zum Vergleich: Im Frühling, kurz nach dem Lockdown, waren ähnlich viele Personen auf der Intensivstation, die Zahl sank in den Wochen danach jedoch rasch.
Mitte November würden laut Prognose 400 bis 500 Patienten auf Intensivstationen sein, sagte Ostermann – die seien noch „versorgbar“. 1800 Menschen könnte man im Schnitt gleichzeitig in Österreichs Intensivbetten betreuen, davon würden aber nur 60 Prozent das Bett akut benötigen. Somit gebe es ein Potenzial von 700 Betten, die für Covid-Patienten zur Verfügung gestellt werden können – wenn man geplante Aufenthalte in der Intensivstation verschieben würde. Es brauche dennoch eine „massive Änderung der Maßnahmen und der Befolgung der Maßnahmen“, sagte Ostermann.
Kritischer Punkt bei 6000
Der zweite Experte in der Runde, Klaus Markstaller, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI), meinte, Österreich sei zwar „sehr gut ausgestattet“, was die Intensivbettenkapazitäten angehe, dennoch seien die Betten schon zu normalen Zeiten – abseits einer Pandemie – zu bis zu 95 Prozent ausgelastet. „Kleine Spitzen“könne man damit abfangen, ein grassierendes Virus aber nicht. Denn: „Das ist die teuerste Ressource in einem Krankenhaus, sie wurde optimiert, um gut ausgelastet zu sein.“Man habe daher zwei Möglichkeiten: Entweder man bremse „den Zufluss“, oder man baue Kapazitäten aus. Und Option B dauere nun einmal Monate bis Jahre. Würden die täglichen Neuinfektionen auf über 6000 steigen, wäre man „nicht mehr in der Lage, die bestmögliche Medizin individuell bereitzustellen“.