London fürchtet um Einfluss
Auch nach dem Brexit spricht nicht alles für Trump
In kaum einem anderen Land Europas dürfte die politische Führung so widerstreitende Gefühle zur US-Präsidentschaftswahl hegen wie in Großbritannien. Einerseits hat Amtsinhaber Donald Trump dem zärtlich als „Britain Trump“gelobten Premier Boris Johnson einen umfassenden Handelsvertrag versprochen. Andererseits steht der demokratische Bewerber Joe Biden der britischen Haltung zu globalen Themen wie Klimaschutz und multilateraler Zusammenarbeit deutlich näher.
„Hug’em close“(bleib’ dicht dran), lautete 2000 der Rat des britischen Botschafters in Washington an den damaligen Labour-Premier Tony Blair, nachdem George W. Bush statt Blairs Favorit Al Gore Präsident geworden war. Der pragmatische Grundsatz gilt noch immer, schließlich ist man in London ängstlich darum bemüht, die „besondere Beziehung“(„special relationship“) zur einstigen Kolonie aufrechtzuerhalten. Dementsprechend haben der konservative Johnson und sein außenpolitisches Team jeden Hinweis darauf vermieden, welcher Wahlausgang ihnen lieber wäre.
Riskanter Handelsvertrag
Auf dem Papier spricht derzeit vieles für Trump. Schließlich verfügen weder die führenden Protagonisten der Brexit-Regierung noch die britischen Diplomaten in Washington über gute Verbindungen ins Biden-Lager. Holprig bleibt das Verhältnis aber auch, wenn der Republikaner das Rennen macht. Denn jenseits des EU-Austritts hält London am Multilateralismus fest. Und der Handelsvertrag mir den USA? Der würde Chlor-Hühnchen und Hormon-Rindfleisch beinhalten, womit Johnson einen Proteststurm der Bevölkerung riskiert.