Festnahme und weitere Insolvenzen im Umfeld von Jan Marsalek
Ermittler folgen Geldflüssen rund um den ehemaligen Wirecard-Vertriebschef und entdecken neue dubiose Firmenkonstrukte
München – Nach wie vor rätselt die ganze Welt darüber, wo das ehemalige Wirecard-Vorstandsmitglied Jan Marsalek ist. Es gibt Hinweise darauf, dass er in Russland untergetaucht sein soll, bestätigen kann das aber niemand. Unabhängig von seinem Aufenthaltsort hat Marsalek den Ermittlern in Deutschland viel Arbeit hinterlassen. Die dubiosen Geldflüsse im Umfeld des 40-jährigen Wieners sind höchst komplex und nur schwer nachzuvollziehen. Um der Aufklärung etwas näherzukommen, haben Fahnder in München einen ehemaligen Geschäftspartner von Marsalek festgenommen und beantragten einen Haftbefehl wegen Fluchtgefahr, wie die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtet.
Sie hoffen offenbar darauf, durch diesen Vertrauten mehr darüber herauszufinden, wie Marsalek über die Jahre mit den Millionen jonglierte – auch wenn es in dem Verfahren gegen den Mann nur entfernt um Wirecard geht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, von der Firma IMS Capital Partners 2,5 Millionen Euro veruntreut zu haben. IMS Capital dürfte primär mit Geld von Marsalek gespeist worden sein, vergangene Woche meldete das Unternehmen Insolvenz an.
Es besteht der Verdacht, Marsalek habe bei Wirecard hohe Millionenbeträge abfließen lassen. Bei der Suche nach dem verschwundenen Geld stießen die Ermittler auf die Beteiligungsgesellschaft IMS Capital, die ihren Sitz in Berlin hat, aber von München aus operierte. Genauer gesagt von einer Villa in der Prinzregentenstraße, in der passenderweise Marsalek wohnte. An dieser Stelle wird es etwas kompliziert, doch die Zahnräder greifen durchaus ineinander.
Undurchsichtige Struktur
IMS Capital ist einer der zwei Hauptanteilseigner des deutschen Online-Supermarkts Getnow. Das Start-up bietet seinen Service in mehr als 100 Städten an und galt als einer der am schnellsten wachsenden Lebensmittellieferdienste Deutschlands mit 130 Mitarbeitern. Anfang der Woche rutschte das Unternehmen ebenfalls in die Pleite. Insolvenz Nummer drei nach Wirecard und IMS Capital.
Über IMS Capital soll Marsalek 50 Millionen Euro in Getnow investiert haben. Die 50 Millionen wiederum hat er sich, von Ex-Wirecard-Chef Markus Braun ausgeborgt und zumindest teilweise wieder zurückgezahlt. Auch von Wirecard sollen über eine asiatische Tochter 1,8 Millionen Euro in den Onlinesupermarkt geflossen sein.
Die meisten Anteile an Getnow hält laut deutschem Handelsregister mit rund 45 Prozent die Getnow Holding Limited mit Sitz in der britischen Steueroase Isle of Man. Wenig überraschend, wird es hier wieder schwammig. Wem das Unternehmen zuzurechnen ist, bleibt unklar. Hinter der Holding im Steuerparadies soll ein weiterer Geschäftsfreund von Marsalek stehen, hier beruft sich die SZ auf Insiderinformationen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, woher das Geld für die Holding kam und ob der einstige Konzernvertriebschef über diese Firma möglicherweise (Wirecard)Geld gewaschen hat. (and)