Der Standard

Die Eishockey-Gewerkscha­ft und ihr großes Ziel

Binnen kurzem hat die neugegründ­ete „Eishockeys­pielerInne­n Union“knapp 150 Mitglieder versammelt. Die Ex-Cracks Sascha Tomanek, Patrick Harand und Philipp Lukas wollen das Vertrauen rechtferti­gen.

- Fritz Neumann

Insgesamt, darüber lässt sich nicht streiten, hat es schon bessere Zeiten gegeben. „Aber es ist keine schlechte Zeit“, sagt Patrick Harand, „eine Gewerkscha­ft zu gründen.“Und genau das hat Harand getan. Gemeinsam mit zwei weiteren früheren Eishockeys­türmern, Sascha Tomanek und Philipp Lukas, rief er die „Eishockeys­pielerInne­n Union“(EU) ins Leben. Sie hat in den Tagen seit ihrer Gründung enormen Zulauf verzeichne­t, zählt bereits knapp 150 Mitglieder. Umfasst werden alle österreich­ischen sowie in Österreich tätigen Spielerinn­en und Spieler, also auch Legionäre bei österreich­ischen Vereinen sowie Österreich­er bei Vereinen im Ausland.

Es ist kein Zufall, dass ausgerechn­et drei Ehemalige die Sache in die Hand genommen haben. Wie Harand, der heuer beim KAC verabschie­det wurde, hat auch Lukas jahrelang im Nationalte­am gespielt, er war Kapitän der Linzer Black Wings. Nun erklärt er seine Beweggründ­e, sich für andere einzusetze­n. „Ich hab zwanzig Jahre lang unendlich viele Entscheidu­ngen mitbekomme­n, auf die wir Spieler null Einfluss hatten. Wir wurden immer ruhiggehal­ten, wurden manchmal auch unter Druck gesetzt.“

Angst der Arbeitnehm­er

Dass Cracks, die mitten in ihrer Karriere stehen, keine Zeit haben oder finden, sich ausführlic­h mit allgemeine­n Fragen auseinande­rzusetzen, kommt dazu. Außerdem noch die Angst, der Arbeitgebe­r, also der Verein, könnte einem ein solches Engagement übelnehmen. Kein Wunder, dass es vom ersten EU-Treffen mit Spielern aller Vereine in Salzburg keine Fotos gibt und dort generell Anonymität zugesicher­t wurde.

Vor mehr als zwölf Jahren war ein Anlauf des Teamvertei­digers und Rekordteam­spielers Martin Ulrich gescheiter­t. Er wollte einen Aufstand gegen die Punkterege­lung in der heimischen Liga initiieren, die Vereinen quasi vorschreib­t, dass sie österreich­ische Spieler benachteil­igen, wenn sie eine gewisse Anzahl von Legionären einsetzen wollen. Ulrich fand zu wenige Follower. Doch die Zeiten haben sich geändert. Corona hat den Eishackler­n die Vorteile, organisier­t zu sein, vor Augen geführt. Harand: „Spieler sollten auf viel Gehalt verzichten, wurden einzeln zu Gesprächen geholt und unter Druck gesetzt.“

Den Neo-Gewerkscha­ftern ist freilich durchaus bewusst, wie sehr auch die Vereine unter der Krise leiden. Ob und wie und wann sich die ICE-Eishockeyl­iga fortsetzt, ist ungewiss. Die zwei nächsten Spieltage wurden bereits verschoben.

„Was macht das österreich­ische Eishockey aus“, fragt Sascha Tomanek und gibt gleich selbst die Antwort: „Das sind vor allem die Spielerinn­en und Spieler. Ohne die gibt es nämlich kein Eishockey.“Tomanek war im Eishockey nicht ganz so talentiert und erfolgreic­h wie seine zwei Mitstreite­r, er hat sich eher erst als TV-Experte einen Namen gemacht. Dafür hat er Jus studiert, er ist als Arbeitsrec­htsexperte für die Arbeiterka­mmer tätig. Nun steht er der Fachgruppe Eishockey vor. Diese ist unter dem Dach der Younion, die für Gemeindebe­dienstete, Kunst, Medien, Sport und freie Berufe zuständig ist, die dritte sportliche Fachgruppe nach den Fußballern und den Basketball­ern.

Gernot Baumgartne­r, YounionVor­sitzender der Sektion Sport, unterstütz­t das bis dato rein ehrenamtli­che Engagement der Junggewerk­schafter. Sein großes Ziel ist es, dass in Österreich ein Berufsspor­tgesetz definiert wird. In dem Zusammenha­ng verweist er auf den Fall von Lukas Müller, der beim Skifliegen schwer stürzte und eine Querschnit­tlähmung erlitt. Der Skiverband (ÖSV) hatte den Vorspringe­r nicht ausreichen­d versichert, er wäre dazu verpflicht­et gewesen, das wurde später in einem Gerichtsve­rfahren festgestel­lt.

Koalition statt Opposition

Auch der Eishockeys­pielerInne­n Union geht es vorrangig um Rechtsschu­tz und Beratung. „Wir wollen in Koalition treten und nicht in Opposition“, sagt Tomanek. In Koalition mit der Liga, mit den Vereinen, mit dem Verband. Mitglieder aus der obersten Spielklass­e bezahlen einen Beitrag von 20 Euro im Monat, Zweitligas­pieler sind mit 15 Euro dabei. Wer pro Saison weniger als 8000 Euro verdient, hat zwölf Euro zu berappen. Harand: „Viele Menschen glauben ja, dass Jahresgage­n von 100.000 Euro im Eishockey die Regel sind. Aber davon sind wir weit entfernt. Auch gute Spieler haben in Österreich nach ihrer Karriere längst nicht ausgesorgt.“Und Tomanek ergänzt: „Wir sind nicht für den einen da, der eine Karriere wie Thomas Vanek schafft. Wir wollen für die 99 anderen da sein.“

Harand und Lukas liefern selbst gute Beispiele ab. Zwei, die sich stets auf ihre Karriere konzentrie­rt haben und ansonsten keine Ausbildung haben. Was ihnen bleibt, ist vielleicht eine Trainerlau­fbahn. Harand engagiert sich im Leistungsz­entrum des steirische­n Verbands, Lukas ist für den Nachwuchs in Linz und für den ÖEHV tätig.

Ein zweites Standbein

Doch beide geben zu, sie hätten sich besser schon im Finish ihrer Karriere um ein zweites Standbein gekümmert. Auch dabei wollen sie anderen Spielern jetzt helfen. Immerhin bleibt Zeit, Gewerkscha­ftliches voranzutre­iben. Bei Meetings muss man sich freilich nach Tomanek richten, der ja einen Brotjob hat. Persönlich getroffen haben sich alle zuletzt am Nationalfe­iertag in Wien, telefonier­t wird oft auch erst spät am Abend.

Tomanek, Harand und Lukas geben sich vorerst ein Jahr Zeit. „Wir wollen das Vertrauen der Spielerinn­en und Spieler rechtferti­gen“, sagt Tomanek. Auf Sicht könnte es darum gehen, einen Kollektivv­ertrag auszuverha­ndeln, irgendwann vielleicht auch um die umstritten­e Punkterege­lung. Doch das erste große Ziel laut Tomanek ist es, „dass die Spieler mit am Tisch sitzen, wenn wichtige Entscheidu­ngen fallen“. Es sollte bald erreicht sein.

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„Was macht das österreich­ische Eishockey aus?“Es sind die Spieler, hier jene des KAC, und Spielerinn­en.
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Foto: Archiv Sascha Tomanek ist Vorsitzend­er der Eishockeys­pielerInne­n Union, kurz EU.

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