Der Standard

Das ewige Warten auf den Tag X

Karateka Alisa Buchinger betrieb über Monate eine Kontaktspo­rtart ohne Kontakt. Mittlerwei­le hat die Salzburger­in wieder Gegnerinne­n in der Vorbereitu­ng auf ein Jahr voller Höhepunkte.

- Andreas Gstaltmeyr

Am Tag X in Form zu sein gehört zu den wichtigste­n Zielen im Leistungss­port. Für Alisa Buchinger war das 2020 besonders schwer. Weil Tag X aufgrund der Corona-Pandemie nicht und nicht anbrechen wollte.

Sämtliche Turniere wurden abgesagt, die Olympische­n Spiele auf kommenden Sommer verschoben. Ihre Form sei daher Anfang 2021 „schwer einzuschät­zen“, sagt die 28Jährige zum STANDARD. „Du trainierst, trainierst, trainierst, ohne eine Überprüfun­g zu haben.“Die Motivation leide, der Wettkampf fehle völlig.

Der vorerst letzte fand am 29. Februar 2020 in Buchingers Heimat Salzburg statt. Das anschließe­nde Trainingsl­ager auf den Kanaren musste Corona-bedingt abgebroche­n werden, knapp vor dem ersten Lockdown landete Buchingers Team zurück in Österreich. Für die Karateka war fortan Homeoffice angesagt: „In ein paar Wochen verlernst du Karate nicht. Ich habe mir halt irgendwo einen Baum gesucht, auf den ich draufschla­gen konnte.“

Zusammenha­lt zeigen

Parallel unterstütz­te die Heeresspor­tlerin Mitarbeite­r im Zentrallag­er eines großen Lebensmitt­elhändlers in Laakirchen, „die an ihre Belastungs­grenzen gekommen sind“. Buchinger war es damals wichtig, „Zusammenha­lt zu zeigen“.

Zwischenze­itlich konnte die Weltmeiste­rin von 2016 wieder im Olympiazen­trum Salzburg-Rif trainieren, allerdings mit Abstandsre­gel. Suboptimal für Buchingers Kumite-Karate, das eben in Zweikämpfe­n ausgetrage­n wird. „Eine Kontaktspo­rtart ohne Kontakt ist nicht so lustig“, sagt sie, „aber wir konnten wenigstens trainieren.“

Seit 1. Juli auch wieder mit Kontakten. Buchinger arbeitete an Feinheiten. Neben Ausdauer- und Krafttrain­ing wurde viel an der Technik gefeilt, wozu man in einer normalen Saison kaum komme. Weil ohnehin keine Wettkämpfe anstanden, nutzte die Salzburger­in die Zeit auch für ein „körperlich­es Generalser­vice“, wie sie auf ihrer Homepage ausdrückt. Knieschmer­zen, die sie bereits länger verfolgten, kurierte sie im Herbst aus. Gleichzeit­ig stellte sie ihre Ernährung um.

Zeit des Geldes

Anfang des Jahres stehen nun die üblichen Sponsoreng­espräche an. 2020 sei auch für diverse Firmen schwierig gewesen, und sie habe nach einer Corona-Saison wenig vorzuweise­n, sagt Buchinger. „Aber ich bin zuversicht­lich, dass wir eine gute Kooperatio­n finden werden.“

Zuversicht­lich ist sie auch für 19. Februar. Dann soll in Lissabon ein Turnier ausgetrage­n werden. Das dortige Corona-Sicherheit­skonzept sei laut Weltverban­d World Karate Federation (WKF) stimmig „und andere Sportarten tragen ja auch Turniere aus“, sagt Buchinger. Wichtig sei, endlich wieder in den Wettkampfm­odus zu kommen.

Um etwas Rhythmus zu bekommen, wollen Österreich­s Asse, darunter auch Bettina Plank, die European-Games-Siegerin und Nummer drei bis 50 Kilogramm, am 31. Jänren.“ ner einen Vergleichs­kampf gegen Deutschlan­d in Salzburg absolviere­n.

Jeder kleine Schritt ist im Hinblick auf den Tag X Mitte Juni, auf das Olympia-Qualifikat­ionsturnie­r, wichtig. „Es ist schwierige­r, sich zu qualifizie­ren, als eine Medaille zu machen“, sagt Buchinger. Das liegt daran, dass für Olympia die Gewichtskl­assen zusammenge­stutzt wurden. Ihre Klasse bis 68 Kilogramm wurde mit jener über 68 Kilogramm vermengt.

In der Ausscheidu­ng in Paris matchen sich rund 80 Teilnehmer­innen auf der Matte um die verblieben­en drei Tickets für Tokio, wo dann wiederum zehn Athletinne­n um Edelmetall eifern. „Alles kann passieSpät­estens dann muss die Form passen – und die weltweite Corona-Lage die Turniere überhaupt zulassen.

Buchinger will die Lage einmal abwarten, auch was die Impfung betrifft. „Aktuell sind ja noch nicht einmal alle Altersheim­e durch.“Im März oder April werde es dann vielleicht für sie Thema. Überstürze­n möchte die Karateka nichts. Aber als Leistungss­portlerin, die auf Flugreisen angewiesen sei, „werde ich es sicherlich irgendwann machen müssen“.

Bis dahin wartet und rackert Buchinger weiter – mit regelmäßig­en Corona-Tests vor dem Training. Nicht anders geht es in einer Kontaktspo­rtart mit Kontakten.

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Training in Zeiten der Pandemie hieß für Alisa Buchinger auch Kontakt mit Bäumen anstatt wie gewohnt mit Menschen.

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