Der Standard

Von der Kirchenban­k zur Wahlurne

-

Wenn die Demokraten in Georgia tatsächlic­h die Mehrheit im Senat errungen haben, dann verdanken sie das auch einer

Frau: Stacey Abrams. Ja, es sind Pastor Raphael Warnock und der Dokumentar­filmer Jon Ossoff, die so erfolgreic­h in die wichtigen Stichwahle­n gegangen sind. Aber die zwei Männer wären wohl nicht so weit gekommen, hätte die Afroamerik­anerin nicht jahrelang Arbeit an der Basis in dem Südstaat geleistet.

Abrams ist eine der Protagonis­tinnen des „Neuen Südens“und Wegbereite­rin für eine Erneuerung der Demokraten in Georgia. Die 47-Jährige wurde als Pastorento­chter in Wisconsin geboren und zog später mit ihrer Familie nach Atlanta. Dort studierte sie Jus, später auch an der renommiert­en Yale School of Law, wofür sie hohe Kredite aufnahm. Danach arbeitete sie als Steueranwä­ltin, bis sie ab 2006 in der demokratis­chen Partei durchstart­ete.

Anfang der Nullerjahr­e ging das Gouverneur­samt in Georgia erstmals seit 130 Jahren an die Republikan­er; die Demokraten befanden sich in einer tiefen Identitäts­krise und verloren jede Wahl. Hier brach Abrams mit vielen Konvention­en. Statt auf veraltete Strategien zu setzen, machte sie, was sie von ihren

Eltern aus der Kirchenarb­eit gelernt hatte: vernetzen, gemeinsame Nenner finden, mobilisier­en, von Tür zu Tür gehen. „Man muss die Menschen dort treffen, wo sie sind, und nicht dort, wo du sie haben willst“, sagte sie der New York Times.

Eines ihrer Kernziele ist es, schwarze Wähler und Wählerinne­n zu registrier­en und so strukturel­ler Diskrimini­erung entgegenzu­wirken. Auch der nun siegreiche Warnock hat später das von ihr gegründete „New Georgia Project“geleitet.

Nach elf Jahren als Abgeordnet­e in Atlanta wollte Abrams 2018 die erste schwarze Gouverneur­in werden. Dass sie ihr Ziel verfehlte, lag auch daran, dass ihr Gegenspiel­er Brian Kemp als Staatsmini­ster für die Wahlen zuständig war und systematis­ch Schwarze von der Stimmabgab­e abhielt. Abrams erkannte zwar das Ergebnis an, aber nicht ihre Niederlage. Den Vergleich mit dem jetzigen Verhalten von Präsident Donald Trump weist sie zurück: „Ich habe nur die Legitimitä­t eines Systems infrage gestellt, das Wähler zum Schweigen bringt.“

Auch als Vizekandid­atin für Joe Biden war Abrams im Gespräch. Weiterhin kämpft sie jetzt dafür, dass jede Stimme gehört wird. Bisher hat das New Georgia Project fast 500.000 Menschen bei der Registrier­ung geholfen. Anna Sawerthal

 ?? Foto: AP ?? Stacey Abrams hat zum Sieg der Demokraten in Georgia viel beigetrage­n.
Foto: AP Stacey Abrams hat zum Sieg der Demokraten in Georgia viel beigetrage­n.

Newspapers in German

Newspapers from Austria