Der Standard

Twitter-Pendant Parler nun vollständi­g offline

Hacker erbeuteten zuvor Daten der rechten Plattform

- Andreas Proschofsk­y

Am Ende ging es dann schnell. Nachdem Google und Apple Parler am Wochenende aus ihren App-Stores geworfen hatten, folgte der finale Schlag von Amazon: Am Montagvorm­ittag wurde der rechte Kurznachri­chtendiens­t aus der Cloud der Amazon Web Services geworfen und ist seitdem nicht mehr erreichbar. Und daran dürfte sich so schnell auch nichts ändern. In einem Interview mit Fox News beklagte Parler-Chef John Matze, dass der Dienst von sämtlichen Partnern auf einmal fallengela­ssen wurde, der Bann also weit über Apple, Amazon und Google hinausgeht.

Eine Entwicklun­g, die angesichts der Ereignisse der vergangene­n Tage nicht ganz überrasche­nd kommt, spielte Parler doch eine wichtige Rolle bei der Kommunikat­ion der Angreifer auf das US-Kapitol. Gleichzeit­ig weigerten sich die Betreiber lange, selbst offene Gewaltund Mordaufruf­e zu entfernen – dies mit dem Hinweis auf die Meinungsfr­eiheit. Gerade angesichts dessen, dass auf Parler bereits wieder zu einem neuen Sturm auf die Amtseinfüh­rung von Joe Biden zum nächsten US-Präsidente­n aufgerufen wurde, entschloss­en sich die ITRiesen nun also zum Handeln.

Keine Einschränk­ungen

Parler ist 2018 mit dem Anspruch angetreten, eine Diskussion­splattform für Vertreter einer uneingesch­ränkten Form der Meinungsfr­eiheit zu bieten. In der Realität tummelten sich hier recht schnell vor allem User aus dem rechtsextr­emen Eck, die für ihre Aussagen von Twitter verbannt worden waren.

Die weitere Zukunft sieht jedenfalls nicht rosig aus. Hatte ParlerChef Matze noch vor einigen Tagen von einem Ausfall von mindestens einer Woche gesprochen, halten Experten diese Schätzung für äußerst optimistis­ch. Das liegt nicht zuletzt an technische­n Hürden. Eine Plattform, die vollständi­g mit den Amazon Web Services integriert ist, stellt man nicht so schnell auf neue Beine. Zumal andere Cloud-Anbieter sich hüten werden, auch nur in die Nähe von Parler zu kommen. Der Aufbau eigener Rechenzent­ren wäre aber wiederum ein kostspieli­ger und langwierig­er Akt – vor allem für einen Service, bei dem es keinen klaren Pfad zu einer Monetarisi­erung gibt. Ein Ausweichen ins Ausland würde wiederum rechtliche Fragen aufwerfen.

Als wäre das alles noch nicht schlimm genug für die Betreiber, ist Hackern offenbar in den letzten Stunden noch ein großer Coup gelungen: Sie haben es geschafft, neue Konten mit Ad minis trat ions berechtigu­ngen be iP arl er anzulegen–und zwar millionenf­ach. Mit diesem Zugang konnten sie sämtliche Daten abgreifen – inklusive bereits gelöschter Postings. Dies ist besonders deshalb relevant, weil Parler nach dem Sturm auf das Kapitol rasch einige der Beiträge entfernt hatte.

 ?? Foto: EPA / Christobal Herrera ??
Foto: EPA / Christobal Herrera

Newspapers in German

Newspapers from Austria