Der Standard

Nordkorea grüßt Biden mit Drohungen

Hyperschal­lwaffen, Feststoff-Atomrakete­n, neue U-Boote und taktische Nuklearwaf­fen – Nordkorea baut zum Machtwechs­el in den USA eine Drohkuliss­e auf. Kim weiß: Unter Joe Biden wächst der Druck auf sein Land.

- Manuel Escher

So billig kommt man künftig nicht mehr davon, davon ist man in Nordkorea offenbar überzeugt. Mit Donald Trump gab es schwärmeri­sche Briefe und gelegentli­che Treffen, aber wenig Druck aus den USA. Der Präsident gab sich mit dem bloßen Anschein von Verhandlun­gserfolg zufrieden, nahm den Verzicht auf Atomtests als ausreichen­d hin und ignorierte, dass Pjöngjang weiter massiv aufrüstete.

Mit dem Nachfolger Joe Biden wird es nun schwierige­r. Der Druck aus den USA, etwa durch noch mehr Härte bei den Wirtschaft­ssanktione­n, wird wieder steigen. Nordkorea baut schon jetzt mit einer eigenen Drohkuliss­e dafür vor. Machthaber Kim Jong-un hat beim Parteitag der Arbeiterpa­rtei am Wochenende zu harten Worten gegriffen und die USA als „Hauptfeind“seines Landes bezeichnet. Außerdem kündigte er die Entwicklun­g zahlreiche­r neuer Waffensyst­eme an.

Hyperschal­l für Kim

Deren Liste ist lang: Hyperschal­lwaffen gehören dazu, liegen aber wohl im Bereich der weiter entfernten nordkorean­ischen Zukunftsvi­sionen. Neue Atom-U-Boote sind ebenfalls geplant. Sie wären von Bedeutung, weil sie Nordkoreas Zweitschla­gskapazitä­t – also die Fähigkeit, auf einen Atomangrif­f glaubhaft mit einem Gegenschla­g reagieren zu können – ausbauen würden. Nach Einschätzu­ng von Experten ist aber auch hier Pjöngjang noch einige Jahre vom Einsatz entfernt.

Realistisc­her: der Bau neuer Interkonti­nentalrake­ten mit Feststoffa­ntrieb. Diese sind, anders als

ihre mit Flüssigtre­ibstoff beladenen Pendants, leichter zu transporti­eren und daher auch zu verstecken. Und sie sind stets startberei­t. Nordkorea war schon zuletzt bei ihrer Entwicklun­g entscheide­nde Schritte vorangekom­men, ihre baldige Testreife ist wahrschein­lich. Gleiches gilt für taktische Nuklearwaf­fen – also solche, die im Ernstfall für den Einsatz in der Region, konkret in Südkorea oder in Japan, gedacht wären.

Kim hatte schon im Sommer deutlich gemacht, dass er sich wegen der anhaltende­n US-Sanktionen nicht mehr an die Vereinbaru­ngen mit Trump gebunden fühle. Daher gelten weitere Atom- und Raketentes­ts als möglich. Schon unter den Präsidente­n Barack Obama und Donald Trump hatte Nordkorea je im ersten Amtsjahr Atomtests durchgefüh­rt – und binnen der ersten hundert Amtstage Raketenübu­ngen.

Doch nicht nur aus den USA wittert Kim Ungemach. Er präsentier­te sich beim Parteitag auch selbst als Büßer. Sein Mitte des Jahrzehnts vorgelegte­r Fünfjahres­plan für den wirtschaft­lichen Fortschrit­t des Landes sei fehlgeschl­agen, sagte er. Hier gelte es durch neue Maßnahmen gegenzuste­uern, etwa durch eine engere Kooperatio­n mit anderen Staaten, „die sich dem Imperialis­mus entgegenst­ellen“.

Die wirtschaft­liche Lage in Nordkorea ist für Kims Legitimati­on im Inneren zentral – entspreche­nd steht er auch unter Druck. Diesem versuchte der Machthaber auch durch Symbolik entgegenzu­wirken. Er zeigte sich erstmals in Militäruni­form und trat auch im grauen Anzug auf, den sein Großvater Kim Il-sung meist getragen hatte. Dieser wird in Nordkorea mit den wirtschaft­lich erfolgreic­hen 60er- und 70er-Jahren in Verbindung gebracht. Kim versucht daher immer wieder, an ihn zu erinnern. Dazu soll unter anderem seine Frisur dienen und, glaubt man Berichten aus Südkorea, auch eine kosmetisch­e Operation vor einigen Jahren. Auch dass Kim sich nun zum Generalsek­retär der Arbeiterpa­rtei

ausrufen ließ, hat damit zu tun. Südkorea reagierte auf all das besorgt, aber auch besonnen. Aus dem Amtssitz von Präsident Moon Jae-in wurde mitgeteilt, man sei weiter bereit, an einem „Durchbruch mit dem Norden“zu arbeiten.

 ??  ?? Kim Jong-un steht innenpolit­isch unter Druck. Sein Wirtschaft­splan sei gescheiter­t, gab er beim Parteitag der Arbeiterpa­rtei zu. Er sucht nun nach Bündnissen mit anderen Staaten, „die dem Imperialis­mus entgegenst­ehen“. Und er lässt neue Waffen bauen.
Kim Jong-un steht innenpolit­isch unter Druck. Sein Wirtschaft­splan sei gescheiter­t, gab er beim Parteitag der Arbeiterpa­rtei zu. Er sucht nun nach Bündnissen mit anderen Staaten, „die dem Imperialis­mus entgegenst­ehen“. Und er lässt neue Waffen bauen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria