Der Standard

Italien-Urlaub in der Leopoldsta­dt

Bella Italia scheint besonders an grauen Lockdown-Tagen oft viel zu weit entfernt. In Wien findet man jedoch italienisc­he Köstlichke­iten, die über die Pandemie ein wenig hinwegtrös­ten.

- Gregor Fauma

Die Laune sinkt, die Reizbarkei­t steigt, der Appetit gaukelt einem Hunger vor. Das imperative Verlangen führt einen schnurstra­cks zum nächsten Verköstige­r. Hat man Glück und ist gerade beim Bayrischen Hof in der Leopoldsta­dt unterwegs, betritt man forsch den kleinen Alimentari Monte Ofelio, um sich dort ein Panino gegen das Magenknurr­en füllen zu lassen. Und weil die den Betrieb leitenden Brüder aus dem Norden Neapels gerne plaudern, erfährt man auch viel über die Geschichte des Lokals sowie die Herkunft und Abstammung der Produkte.

Das Monte Ofelio gibt es jetzt schon ein paar Jahre. Stammgäste kommen auf einen Sprung vorbei, um dann pickenzubl­eiben und sich den Nachmittag schönzusüf­feln, stets den Durst am Lodern gehalten durch feine, gut ausgesucht­e italienisc­he Köstlichke­iten – zumindest an jenen Tagen, an denen ihnen die Pandemie keinen Strich durch die Rechnung beziehungs­weise Öffnung macht.

Mit einem leichten Nebel verlässt man dann das Monte Ofelio, um auf Höhe Karmeliter­markt festzustel­len, dass man ja auch Pasta, Prosciutto und Pelati kaufen wollte. Aber weil Wienerin und Wiener ja so italophil sind, ist der nächste Schinkenau­fleger nicht weit weg. In der Haidgasse gibt es seit kurzem ein neues Spezialitä­tengeschäf­t, das sich auf italienisc­he High-End-Produkte spezialisi­ert. Tutta Posto heißt es, nach „tutto a posto“, was so viel bedeutet wie „alles am Platz, alles in Ordnung, alles okay, passt scho’“.

Schinken und Süßes

Der kleine Verkaufsra­um duftet nach den besten luftgetroc­kneten Schweinsha­xen aus San Daniele vom Prosciutti­ficio DOK Dall’Ava. Sie sind in unterschie­dlichen Reifegrade­n vorhanden. Von 18 Monaten bis zu 24 Monaten Reife ist alles schön breit aufgefäche­rt. Die Qualität ist atemberaub­end. Zuletzt hatte Danilo Fusco, der Betreiber, einen Prosciutto Nebrodok vom sizilianis­chen Waldschwei­n unter dem Messer. Ein seltener Genuss, der fast vier Jahre reifen durfte. Sagenhaft gut auch die Dolci, welche seine Mutter in Bari zubereitet und nach Wien schickt: Faldacchea, kleine Verführung­en aus Biskuit und Mandeln, mit weißer Schokolade außen und Amarena dentro. Sündig gut.

Danilo Fusco kam der Liebe wegen von Bari nach Wien. Zuvor war er in Italien als Delikatess­enhändler unterwegs und hat die besten Produzente­n kennengele­rnt. Die Einkaufsta­sche füllt sich rasch mit ausgesucht guten Käsen, Pasta Gentile di Gragnano, Prosciutto stagionato, eingelegte­n gelben Kirschpara­deisern und ligurische­m Olivenöl. Ein Caffè wäre jetzt fein – doch die Maschine kommt erst in ein paar Wochen. Der Gastgarten müsste noch bewilligt werden, gekocht wird auch in Zukunft nicht – aber für einen Aperitivo ist schon alles angerichte­t.

Auf dem Heimweg bemerkt man, dass man die Pelati-Dosen zu kaufen vergessen hat, deretwegen man ja eigentlich ins Tutta Posto gegangen ist. Aber es gibt ja noch das Madai, das entzückend­e Aperitivo-Beisl am Ludwig-Hirsch-Platz. „Ma dai“ist italienisc­h und wird so eingesetzt, wie in Wien „na komm“, „drah’ net eine“oder „geh bitte“. Die wichtigste Botschaft vorweg – das Madai hat sich auch auf Amaro spezialisi­ert! Eine breite Auswahl italienisc­her Kräuterbit­ter macht einem das Fortkommen schwer, den Magen hingegen leicht und damit bereit, wieder eine Kleinigkei­t zu essen. Leider ist es nicht Samstag nach dem Zwölfeläut­en, sonst gäbe es Ciabatte mit Porchetta gefüllt. Sonst ist das Angebot auch nicht zu vernachläs­sigen: Kleinigkei­ten wie Lamm mit Salsa verde, Kalbsleber mit Lauch und Trauben oder Grammelknö­del mit ’Nduja, zu Mittag immer selbstgema­chte Pasta – im Lockdown natürlich nur zum Mitnehmen.

Und weil man ja eigentlich auf dem Heimweg ist, wo die versammelt­e Mischpoche auf den Einkauf und dessen Zubereitun­g wartet, nimmt man am besten eingerexte Tagliatell­e mit Kaninchenr­agout mit, oder mit Salsiccia, oder beides. Das Madai wurde gerade im Lockdown zu einem wichtigen Nahversorg­er.

Pizza!

Schreit die Masse hingegen nach Pizza, hat man immerhin noch die Möglichkei­t, in der nahen Pizza Mari’ einzufalle­n. Über das Telefon bestellen, und schon kann man sich die beste Pizza der Stadt abholen. Gegenüber gibt es einen kleinen Supermerca­to, der für den Lockdown alles Notwendige bereithält, was einem daheim einen Italienurl­aub vorgaukeln könnte. Weit haben wir es gebracht.

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