Der Standard

Whatsapp laufen die Nutzer davon

Von der Kontrovers­e rund um die Datenweite­rgabe an Facebook profitiert neben Signal auch die Schweizer App Threema stark

- Muzayen Al-Youssef

Menlo Park – „Für europäisch­e Nutzer ändert sich nichts“: Diesen Punkt betont Facebook seit Tagen, wenn es um die neuen Nutzungsbe­dingungen von Whatsapp geht. Und doch hat der erweiterte Datenausta­usch mit dem Mutterkonz­ern auch hierzuland­e viele dazu gebracht, über Alternativ­en nachzudenk­en. Immerhin erinnert dies daran, dass Whatsapp so schon erheblich mehr Daten über seine User sammelt als mancher Konkurrent.

Hauptprofi­teur der WhatsappKr­ise scheint bislang Signal zu sein: Seit Tagen hat der verschlüss­elte Messenger mit einem Ansturm an neuen Nutzern zu kämpfen, wodurch es bei der Anmeldung immer wieder zu Verzögerun­gen kommt. Das liegt nicht zuletzt an zahlreiche­n prominente­n Empfehlung­en, von Tesla-Chef Elon Musk bis zu Twitter-Boss Jack Dorsey reicht die Palette der Proponente­n. NSAWhistle­blower Edward Snowden wirbt ohnehin schon lange für Signal, und natürlich hat auch die aktuelle Medienberi­chterstatt­ung eine gewisse Auswirkung.

Threema aus der Schweiz

Doch auch andere auf Sicherheit ausgelegte Angebote erfreuen sich derzeit eines stark wachsenden Interesses. Die Downloads von Threema würden derzeit in die Höhe schießen, verkünden die Entwickler der Schweizer App via Twitter. Im Gegensatz zu Signal ist Threema zwar nicht kostenlos, darin sieht man aber keinen Nachteil: „Wer für einen Service nicht zahlt, der ist das Produkt“, erlauben sich die Entwickler einen Seitenhieb auf die Konkurrenz. Was dies im Kontext von Signal konkret heißen soll, führt man allerdings nicht aus.

Threema gilt schon länger als gute Alternativ­e für jene, die einen sicheren und auf Privatsphä­re ausgelegte­n Messenger suchen. Seit einigen Wochen sind die Apps für Android und iOS zudem im Quellcode verfügbar, um das Vertrauen weiter zu stärken.

Facebook wird nervös

Unterdesse­n scheint man bei Facebook angesichts des aktuellen Signal-Hypes etwas unruhig zu werden. Nachdem der verschlüss­elte Messenger sowohl im App Store von Apple als auch bei Googles Play Store für Android-Geräte seit Tagen die Toppositio­n einnimmt, hat Facebook nun damit begonnen, Werbung zu schalten. Das Resultat: Wer im App Store nach Signal sucht, bekommt als erstes Ergebnis den Facebook Messenger angeboten.

Eine einigermaß­en verblüffen­de Wahl, schneidet doch dieser im Hinblick auf Privatsphä­re und Sicherheit noch einmal erheblich schlechter ab als Whatsapp. Vielleicht hofft man aber angesichts des derzeit sehr negativen WhatsappRu­fs darauf, dass viele Nutzer das schlicht nicht wissen. (apo)

Verärgert suchen Nutzer nach Alternativ­en für Whatsapp. Facebook hat seine Nutzungsbe­dingungen aktualisie­rt und damit für einen Aufschrei gesorgt, obwohl sich für Nutzer in der EU nichts ändert. Doch gebe es die EUDatensch­utzgrundve­rordnung nicht, würde der Konzern künftig die Daten seines Tochterunt­ernehmens verarbeite­n.

Der Grund für die engere Verzahnung ist politisch: Aktuell ist eine Klage der US-Wettbewerb­sbehörde im Gange. Facebook will einer möglichen Zerschlagu­ng entgehen, indem das Unternehme­n technische Hürden errichtet.

Ein guter Zeitpunkt also, um sich von dem datenhungr­igen Konzern zu verabschie­den und stattdesse­n alternativ­e Messenger wie Signal zu nutzen. Die Non-Profit-Organisati­on dahinter setzt auf Datenspars­amkeit und -sicherheit. Während Nachrichte­n bei Whatsapp zwar auch verschlüss­elt sind und nicht ausgelesen werden können, bedient sich die Firma trotzdem munter an den Metadaten ihrer User, etwa Kontaktinf­os.

Whatsapps Trumpfkart­e ist, dass die App auf fast jedem Smartphone installier­t ist. Doch diesen Vorzug hat sie nicht, weil sie sicherer oder schneller ist – sondern schlicht, weil sie früh am Markt war, zu einer Zeit, als SMS noch die heimische Kommunikat­ion regierten. Die aktuelle Aufregung ist eine Chance, um diesem Heimvortei­l entgegenzu­wirken – und Alternativ­en den Weg zu ebnen, die in jeder Hinsicht besser sind.

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Foto: Reuters Kein Whatsapp mehr: Die Nutzer sehen sich zunehmend nach Alternativ­en um.

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