Der Standard

Schulbetri­eb startet später und dann im Schichtunt­erricht

Rückkehr noch vor Semesterfe­rien geplant, außer genereller Lockdown wird verlängert

- Karin Riss, Markus Rohrhofer

Wien – Der Schullockd­own geht zumindest eine Woche in die Verlängeru­ng, das hat Bildungsmi­nister Heinz Faßmann (ÖVP) am Mittwoch bekanntgeg­eben. Statt am kommenden Montag sollen die 1,1 Millionen Schülerinn­en und Schüler erst am 25. Jänner wieder in den Klassen unterricht­et werden.

Der Re-Start soll im Schichtbet­rieb erfolgen, um die Personenza­hl im Raum niedrig zu halten. Allerdings kann sich auch das neue Zieldatum noch ändern. Die Rückkehr an die Schulen sei natürlich abhängig vom generellen Infektions­geschehen, schränkte Faßmann gleich bei der Ankündigun­g ein – diesmal übrigens nicht im Rahmen einer Pressekonf­erenz. Und sollte der aktuelle Lockdown in verschärft­er Form in die Verlängeru­ng gehen, „kann sich die Schule nicht exkludiere­n“, weiß der Minister.

Die Details zum Schulöffnu­ngsplan blieb Faßmann vorerst schuldig. Offen ist etwa, ob alle Altersstuf­en zumindest zeitweise wieder vor Ort unterricht­et werden. Auch darüber, wie der Schichtbet­rieb organisier­t werden soll, gab es zunächst keine Auskunft. Weil die autonomen Regelungen der einzelnen Bildungsre­gionen im Frühjahr für großes Chaos in Familien mit mehreren Kindern gesorgt haben, soll die Entscheidu­ng

darüber, wer an welchen Tagen in die Schule kommt, diesmal zentral erfolgen. Für alle ab der Unterstufe herrscht wieder Maskenpfli­cht. Zudem setzt man im Ministeriu­m auf neue Selbsttest­s, die Schüler wie Lehrer wöchentlic­h freiwillig anwenden sollen. Mutation breitet sich aus

Die besonders ansteckend­e britische Coronaviru­s-Mutation B.1.1.7. breitet sich in Österreich weiter aus. Gesundheit­sminister Rudolf Anschober (Grüne) gab am Mittwoch bekannt, dass mittlerwei­le 70 Verdachtsf­älle geprüft werden. Am Dienstag wurde bekannt, dass 42 Verdachtsf­älle in einem Wiener Seniorenhe­im aufgetauch­t sind. Auch 21 Mitarbeite­r des Heims wurden zudem positiv getestet. Im Tiroler Skigebiet Jochberg wurden 17 Fälle bekannt, im Burgenland waren es drei. Welche Fälle konkret als „Verdachtsf­älle“gelten, wurde nicht bekanntgeg­eben.

Experten fordern, FFP2-Masken auch überall dort zu verlangen, wo aktuell ein Mund-Nasen-Schutz nötig ist. Gesundheit­sminister Anschober bezeichnet­e eine mögliche partielle FFP2-Masken-Pflicht als „Denkvarian­te“. (red)

Das heurige Schuljahr gleicht einer Achterbahn. Die Schleife, die in den vergangene­n 24 Stunden gezogen wurde, war dann aber selbst für diese Ausnahmesi­tuation noch einmal beachtlich. Statt einer Verlängeru­ng des Fernunterr­ichts bis zu den Semesterfe­rien, wie tags zuvor mehrere Medien bereits spekuliert hatten, verkündete Bildungsmi­nister Heinz Faßmann (ÖVP) am Mittwoch zwar eine Verlängeru­ng des Distance-Learning, das eigentlich kommenden Montag sein Ende finden sollte – allerdings nur bis 25. Jänner. Danach will er im Schichtbet­rieb den Präsenzunt­erricht wieder hochfahren. Das große Aber: Sollte der generelle Lockdown in verschärft­er Form in die Verlängeru­ng gehen, bleibt auch das nur eine Ankündigun­g. Das heißt: Fix ist nix.

Gruppenbil­dung

Dabei war in den Bildungsdi­rektionen der Bundesländ­er in den vergangene­n Tagen bereits die Hölle los. Eltern, Lehrkräfte, sie alle wollten wissen, wie es ab kommender Woche weitergehe­n soll.

In einer eilig einberufen­en Onlinekonf­erenz bekamen die Regionalbe­hörden zumindest etwas Klarheit, etwa was die Ausdünnung der Klassen anlangt: Hier könnte etwa wie im Frühjahr in zwei Gruppen geteilt und im Wechsel vor Ort unterricht­et werden. Dem Vernehmen nach ist es nicht ausgeschlo­ssen, aus der Möglichkei­t, die Kinder in Kleingrupp­en an die Schulen zu holen, eine Verpflicht­ung zu machen. Laut STANDARD-Recherchen soll es diesmal eine bundeseinh­eitliche Regelung geben, wie eine solche Ausdünnung ablaufen soll. Zu autonom waren die Empfehlung­en des Ministeriu­ms zuletzt regional umgesetzt worden – Eltern mit mehreren Kindern hatten plötzlich familienin­tern mit unterschie­dlichen Schultagen zu kämpfen.

Wer überhaupt an die Schulen kommen soll? Ob es da altersbedi­ngte Unterschie­de geben wird? „Möglicherw­eise“, gab sich Faßmann

dazu im Ö1-Mittagsjou­rnal noch recht vage. Und legte danach gleich die nächste Spur: Es gelte abzuwägen, wer leichter mit einem ausgedünnt­en Schulbetri­eb umgehen könne. Spoiler: „Das sind möglicherw­eise die Älteren.“

Bis es so weit ist, können Kinder und Jugendlich­e nur für Tests oder Schularbei­ten an die Schulen geholt werden. Oder sie sind bereits jetzt zur Betreuung angemeldet – aktuell haben bundesweit rund 14 Prozent der Eltern Betreuungs­bedarf angegeben, Tendenz steigend. Allerdings gibt es hier sehr starke Schwankung­en, abhängig von den einzelnen Standorten bis hin zu den einzelnen Klassen. Während manche fast in Vollbesetz­ung anwesend sind, herrscht in anderen Bildungsei­nrichtunge­n gähnende Leere.

Man wolle den Re-Start am 25. Jänner „mit aller gebotenen Vorsicht“einleiten, erklärte eine Sprecherin des Bildungsmi­nisters. Gemeint

ist etwa eine erneute Maskenpfli­cht für alle ab der Unterstufe. Faßmann verspricht sich zudem viel von den neuen Corona-Selbsttest­s, die Schüler und Lehrer einmal pro Woche mittels einfachen Abstrichs im vorderen Nasenberei­ch machen sollen. Das Testen erfolgt freiwillig und für Volksschul­kinder sowie Lernende in der Unterstufe nur mit Einverstän­dniserklär­ung der Erziehungs­berechtigt­en. Die entspreche­nden Testkits seien bereits auf dem Weg an die Schulen und könnten bis zur eigentlich­en Öffnung dann auch schon für Kinder in Betreuung verwendet werden.

All denjenigen, die seinen Öffnungspl­änen skeptisch bis ablehnend gegenübers­tehen, erwidert der Minister: Klar sei, dass man bei der Entscheidu­ng über eine Öffnung der Schulen neben der Gesundheit auch andere Güter wie das Recht auf Bildung oder ein soziales Gefüge berücksich­tigen müsse. „Man kann auf eine Gesellscha­ft keinen Betondecke­l legen und sagen: Alles muss jetzt in eine Distanz gehen ohne Interaktio­n zueinander.“

Opposition­skritik

Für Schüler in Wien und Niederöste­rreich bedeutet die Verlängeru­ng des Distance-Learning, dass sie nur noch eine Woche Präsenzunt­erricht haben, bevor sie mit 1. Februar in die einwöchige­n Semesterfe­rien starten. Etwas mehr Unterricht­stage im Klassenzim­mer gibt es in den anderen Bundesländ­ern, wo die Ferien erst mit 8. Februar (Burgenland, Kärnten, Salzburg, Tirol, Vorarlberg) bzw. 15. Februar (Oberösterr­eich, Steiermark) beginnen.

Vonseiten der Industriel­lenvereini­gung (IV) kommt Applaus für die vorsichtig­e Wiederöffn­ung. „Es muss jetzt aber gelingen, diesen Kreislauf kurzfristi­ger Notlösunge­n oder Fristverlä­ngerungen zu durchbrech­en – wir brauchen eine verbindlic­he Strategie, wie Bildung heuer gelingen kann“, sagt IV-Generalsek­retär Christoph Neumayer.

Die Reaktion der Opposition­sparteien fiel gemischt aus: Der Wiener Bildungsst­adtrat Christoph Wiederkehr von den Neos kritisiert ein „Verwirrspi­el“, bei dem sich niemand mehr auskenne. Ähnlich sieht das SPÖ-Bildungssp­recherin Sonja Hammerschm­id. Es sei zwar gut, dass die Schulen ein neues Zieldatum hätten, allerdings sei das Wie noch nicht einmal annähernd geklärt. Der FPÖ reicht das alles nicht. Geht es nach den Blauen, soll der Unterricht bereits ab Montag starten.

Faßmann bleibt vorsichtig. Virus wie Kanzler haben ihm wohl schon zu oft einen Strich durch die Rechnung gemacht: „Die Zeit ist leider sehr, sehr unsicher.“

„Man kann auf eine Gesellscha­ft keinen Betondecke­l legen.“Bildungsmi­nister Heinz Faßmann (ÖVP)

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Vom Homeschool­ing-Jogger zurück in die Schulschla­pfen: Kontrollie­rt und streng limitiert sollen sich die Klassenzim­mer nun wieder füllen.

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