Impeachment-Verfahren
„Anstiftung zum Aufruhr“ist der Vorwurf, den die Demokraten gegen den noch amtierenden US-Präsidenten erheben. Immer mehr republikanische Abgeordnete und Senatoren sprechen sich öffentlich für eine Amtsenthebung aus.
Das amerikanische Repräsentantenhaus stimmte am Mittwoch über ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump ab.
Noch bevor das amerikanische Repräsentantenhaus am Mittwoch zum zweiten Mal innerhalb von 13 Monaten über ein Impeachment Donald Trumps abstimmte, machte Liz Cheney klar, wie sie entscheiden würde. Der Sturm aufs Kapitol, ließ sie in einem Statement wissen, müsse die Absetzung des Staatschefs zur Folge haben. „Der US-Präsident hat diesen Mob herbeigerufen, er hat diesen Mob um sich versammelt und die Flammen des Angriffs entzündet“, schrieb sie. Nie zuvor habe es einen größeren Verrat durch einen Präsidenten gegeben.
Die Abgeordnete aus Wyoming, Tochter Dick Cheneys, des einstigen Stellvertreters von George W. Bush, gehört zu den Hoffnungsträgerinnen in den republikanischen Reihen. Es gibt Parteifreunde, die 2024 mit ihrer Kandidatur fürs Weiße Haus rechnen. In der Hierarchie der Konservativen im Repräsentantenhaus
ist sie die Nummer drei. Nach der Attacke auf das Parlament hatte sie sich tagelang bedeckt gehalten. Doch als Trump am Dienstag vor die Kameras trat und jegliche Verantwortung für die schockierenden Szenen am 6. Jänner bestritt, ohne auch nur eine Spur von Reue erkennen zu lassen, war das Maß voll. Cheney brach ihr Schweigen, und dass sie die Amtsenthebung in kompromissloser Eindeutigkeit fordert, lässt auf einen Sinneswandel in Teilen ihrer Partei schließen.
Mehrere Überläufer
Als die Demokraten eine Impeachment-Klage ankündigten, um Trump zu bestrafen, zog es die konservative Parteiprominenz im Großen und Ganzen noch vor, den Fall öffentlich nicht zu kommentieren. Diejenigen, die sich zu Wort meldeten, äußerten Zweifel: Warum einen Mann seines Amtes entheben, der das Oval Office am 20. Jänner ohneStimmen. hin verlassen muss? Nun aber, Stand Mittwochmorgen, hat mindestens ein halbes Dutzend republikanischer Abgeordneter angekündigt, dass man sich mit den Demokraten verbünden werde.
Zu ihnen zählt John Katko, ein ehemaliger Staatsanwalt aus dem Bundesstaat New York, der von einem Moment spricht, der ihn ganz einfach zum Handeln zwinge. Würde die Anstiftung zum Angriff aufs Kapitol keine Konsequenzen nach sich ziehen, wäre dies eine Gefahr für die Zukunft der Demokratie, so Katko. Er höre die Argumente von Kollegen, die davor warnten, dass ein Impeachment das Land nur noch mehr spalten würde. „Ich stimme zu. Ich glaube aber auch fest daran, dass ich dem Recht und den Fakten folgen und diesen Präsidenten für seine Taten zu Rechenschaft ziehen muss.“
Es ist nicht so, dass die Demokraten angewiesen wären auf diese Mit einer Mehrheit von 222 der 435 Abgeordneten könnten sie auch ohne die Unterstützung der Opposition Nägel mit Köpfen machen und den Fall an den Senat delegieren, der letztlich über Schuld oder Unschuld Trumps befinden müsste. Allerdings wäre ein Zeichen parteiübergreifenden Protests gegen den Präsidenten symbolisch von enormer Bedeutung.
Paukenschlag im Senat
Vor gut einem Jahr, als das Repräsentantenhaus schon einmal ein Impeachment-Verfahren einleitete, damals im Zuge der Ukraine-Affäre, hielten die Republikaner der größeren Parlamentskammer noch geschlossen zu „ihrem“Präsidenten. Angesichts der schockierenden Bilder aus dem Kapitol kann davon keine Rede mehr sein.
Eine förmliche Amtsenthebung hätte zur Folge, dass Trump nie wieder für ein Bundesamt kandidieren kann, auch nicht 2024 fürs Weiße Haus. Voraussetzung ist eine Zweidrittelmehrheit im Senat, was bedeutet, dass mindestens 17 republikanische Senatoren mit ihren 50 demokratischen Kollegen stimmen müssten. Nachdem es eine Weile so ausgesehen hatte, als wäre dies eher nicht zu erwarten, lässt nun eine überraschend klare Aussage Mitch McConnells aufhorchen. Mit Bemerkungen, die er offenbar gezielt an die New York Times durchstechen ließ, machte der Chef der republikanischen Senatsfraktion deutlich, dass er sich einen Schuldspruch vorstellen kann. Trumps Handlungen, wird er zitiert, seien der Amtsenthebung würdig.
Es ist ein politischer Paukenschlag: Falls es sich McConnell nicht noch anders überlegt, dürften ihm etliche Parteigranden folgen. Die formelle Absetzung Trumps wäre dann so gut wie garantiert.