Handwerker auf wankendem Boden
Die Lage bei vielen Handwerksbetrieben und Gewerbetreibenden ist höchst angespannt. Vielen Betrieben könnte die Luft ausgehen, warnen Branchenvertreter – und fordern eine Neuauflage des Handwerksbonus.
Positive Signale sind derzeit eher rar, aber es gibt sie. Auch wenn die Stimmung bei vielen Gewerbe- und Handwerksbetrieben im Keller ist: An ihren Mitarbeitern wollen die meisten festhalten. Drei Viertel der 250.000 Betriebe mit rund 800.000 Beschäftigten denken trotz der Krise in den kommenden Monaten nicht an Personalabbau, elf Prozent wollen Leute einstellen. Auch die Ausbildungsbereitschaft scheint trotz angespannter Situation nicht gelitten zu haben: Mit 46.659 Lehrlingen gab es im Jahresvergleich sogar ein Miniplus von 0,6 Prozent.
Damit sind die guten Nachrichten aufgezählt. 2020 war grimmig. Auch wenn so mancher während der Lockdowns geöffnet haben durfte – Veranstaltungstechniker, Kleidermacher oder Berufsfotografen zählten etwa dazu –, die Geschäftsfelder bröckelten weg. Keine Veranstaltungen, keine Bälle, Geburtstagsfeiern und Hochzeiten abgeblasen, Aufträge gab es de facto keine.
Viele Zulieferer für Restaurants und Hotels wie Bäcker und Fleischhauer hatten seit März 2020 kaum Kunden, Friseure, Fußpfleger oder Kosmetiker durften gar nicht aufsperren. Für viele hätte die Krise zu einer existenziellen Bedrohung geführt, sagt die WKO-Bundesspartenobfrau für Gewerbe und Handwerk, Renate Scheichelbauer-Schuster, bei der Präsentation der vierteljährlichen Konjunkturumfrage. Der Jahresverlauf spiegelt sich in Betroffenheit und Stimmung der Unternehmen deutlich wieder: Für die ersten drei Quartale 2020 hat knapp die Hälfte der Betriebe Umsatzrückgänge gemeldet, im Schnitt rund 27 Prozent. Mit den steigenden Infektionszahlen und den wiederholten Lockdowns hat sich die Lage gegen Ende des Jahres zugespitzt. Das Stimmungsbarometer
fiel unter null – nur knapp ein Fünftel der Betriebe bewertete die Geschäftslage als gut. Laut KMU Forschung Austria beläuft sich der geschätzte Umsatz- und Auftragseinbruch 2020 auf über zehn Prozent oder elf Milliarden Euro.
Kamen Dachdecker, Spengler, Fliesenleger, Maler, Tischler und Installateure zunächst vergleichsweise gut durch die vergangenen Monate, werden auch hier die Auftragspolster dünn. Nun brauche es dringend spezifische Stimuli, warnt Scheichelbauer-Schuster, die wirtschaftliche Erholung werde heuer „kein Selbstläufer“sein. Einmal mehr plädiert sie für eine Neuauflage des Handwerkerbonus. Mehr Geschäft mit Privathaushalten könnten die fehlenden Aufträge von Hotels, Gastronomiebetrieben und Kommunen zum Teil wettmachen, so die Hoffnung.
Der Handwerkerbonus hätte sich bereits zwischen 2014 und 2017 bewährt, ergänzt WKO-Kollege Reinhard Kainz. Privat beauftragte Arbeitsleistungen bis zu 20.000 Euro pro Haushalt und Jahr für die Renovierung und Modernisierung des Wohnraums – plus Garten, Garage und Zäune – sollen, geht es nach der WKO, zu 25 Prozent gefördert werden. Die Wirtschaftskammer hält eine Dotierung von 50 Millionen Euro jährlich auf die Dauer von zwei Jahren für sinnvoll. Finanzieren würde sich die Sache durch das vermehrte Steueraufkommen selbst, so Kainz. Der Bonus sei das „beste Mittel“gegen Pfusch. Was den Umsatzersatz für indirekt betroffene Betriebe betrifft, der erst ab Ende Jänner beantragt werden kann, fürchtet ScheichelbauerSchuster, die Hilfe könnte zu spät kommen: „Viele Betriebe können nicht mehr lange durchhalten.“