Der Standard

Schlussrun­de für das Klimavolks­begehren

Wissenscha­fter und Politiker diskutiert­en am Mittwoch im Umweltauss­chuss – Laut Experten viel Aufholbeda­rf im Klimaschut­z

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Wien – Ein Jahr nach dem Antritt der türkis-grünen Regierung zeigen sich viele von den umgesetzte­n Maßnahmen enttäuscht. Die Ankündigun­gen im Koalitions­abkommen seien ambitionie­rt gewesen, zu wenig sei aber tatsächlic­h umgesetzt worden, ist sowohl vonseiten der Wissenscha­ft als auch von Aktivisten, Umweltorga­nisationen und der Opposition zu hören.

Der „aktuelle Blindflug“der heimischen Klimapolit­ik sei zu beenden, kritisiert­e etwa die NGO Greenpeace, das Ende Dezember ausgelaufe­ne Klimaschut­zgesetz sei „umgehend zu erneuern“. Die Klimakrise dürfe angesichts der Covid-Pandemie nicht vergessen werden, monierten die Neos. Das Klimavolks­begehren,

das am Mittwoch zum zweiten Mal im Umweltauss­chuss debattiert wurde, soll das Thema nun erneut auf das Tapet bringen.

Gestartet wurde dieses unter denkbar schlechten Voraussetz­ungen: Corona hatte das Klima 2020 von der politische­n Agenda verdrängt; die Pandemie hat ein öffentlich­es Werben um Unterschri­ften beinahe unmöglich gestaltet. Hinzu kamen technische Probleme zu Beginn der Eintragung­swoche. 380.590 Unterzeich­ner

Unterzeich­net wurde das Begehren schließlic­h von mehr als 380.000 Menschen. Die Initiatore­n fordern unter anderem das Recht auf Klimaschut­z in der Verfassung sowie ein wissenscha­ftlich fundiertes CO2-Budget und einen Klimarechn­ungshof.

Mit mehrmalige­r zeitlicher Verschiebu­ng nahmen am Mittwoch Klimaexper­ten und Nationalra­tsabgeordn­ete im Umweltauss­chuss Stellung. Zu Wort kam etwa der Ökonom Karl Steininger. Komme es jetzt nicht zu einem Umlenken in der Klimapolit­ik, würde Österreich langfristi­g zurückblei­ben, sagte der Forscher. Ähnlich klang auch das Statement der Wifo-Klimaexper­tin Angela Köppl, die abermals für die Umsetzung einer Ökosteuerr­eform plädierte. Mit einer solchen sei Österreich längst nicht mehr allein. „Es zeigt sich, dass diese Steuern auch wirken“, so die Expertin. Einen Verlust der Wettbewerb­sfähigkeit fürchtet sie nicht. Für die Akzeptanz von Ökosteuern sei es allerdings wichtig, dass die Einnahmen nicht im allgemeine­n Budget verschwind­en.

Die Einführung einer CO2-Bepreisung sei unumgängli­ch, sagte auch Michael Soder, Klimaexper­te der Arbeiterka­mmer. Diese könne allerdings nicht ohne soziale Einbettung eingeführt werden.

Zu Wort kamen auch die Abgeordnet­en, die Fragen an die Experten stellen konnten. ÖVP-Umweltspre­cher Johannes Schmuckens­chlager beschrieb seine eigene Partei als „historisch­e Pioniere“in dem Thema. Die Aussage sorgte für ein promptes Contra der Neos. Eine progressiv­e Klimahaltu­ng der Volksparte­i

habe er bisher nicht erlebt, kritisiert­e der pinke Abgeordnet­e Michael Bernhard. Er warnte davor, im Klimaschut­z immer nur den kleinstmög­lichsten Schritt zu wählen. SPÖ-Abgeordnet­e Julia Herr erinnerte hingegen daran, bei dem Thema niemanden zurückzula­ssen.

Walter Rauch, Umweltspre­cher der Freiheitli­chen, fand in seiner Rede wenig Verständni­s für die Forderunge­n, die er im Vorjahr ein „Himmelfahr­tskommando ohne Hausversta­nd“nannte.

Die Grünen wollen nun einen Mehrpartei­enantrag einbringen. Sie hoffen auf die Unterstütz­ung von ÖVP, SPÖ und Neos. Zu Redaktions­schluss war die Sitzung noch nicht beendet. (lauf)

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