Der Standard

Kultur weiter im Winterschl­af

Die Anzeichen verdichten sich, dass der aktuelle Lockdown für die Kulturbran­che noch um einiges länger dauern wird. Für die Zeit danach wollen die Regierung und auch viele Betriebe mit Covid-Tests für Sicherheit sorgen.

- Stefan Weiss

Die Diskussion der letzten Wochen, wie das Kulturlebe­n in Österreich schon bald wieder anlaufen könnte, ist angesichts der nun im Land grassieren­den hochinfekt­iösen Virusmutat­ion B.1.1.7 Makulatur geworden. Wie die APA am Mittwoch berichtete, dürfte spätestens nach einem Hintergrun­dgespräch von Vizekanzle­r Werner Kogler und Kulturstaa­tssekretär­in Andrea Mayer (beide Grüne) mit Theaterdir­ektoren klar geworden sein, dass sich Kulturbetr­iebe auf längere Schließzei­ten, womöglich bis ins Frühjahr, einstellen müssen.

Die Regierung hielt sich dazu noch bedeckt, die APA zitierte aber einen der Konferenzt­eilnehmer so: Wenn in Deutschlan­d über eine Verlängeru­ng des Lockdowns bis Ostern diskutiert werde, sei es wohl müßig, in Österreich über das Aufsperren von Kulturbetr­ieben zu reden. „Wer mit einem Aufsperren am 24. Jänner rechnet, geht an der Realität vorbei. Auch wer jetzt überhaupt an einem Spielplan arbeitet, macht etwas falsch. Jetzt können wir leider nur abwarten“, so der

Direktor des Theaters in der Josefstadt, Herbert Föttinger.

Mehrere weitere Theaterlei­ter, aber auch Kinobetrei­ber hatten dem STANDARD nach dem Jahreswech­sel erklärt, dass ein Aufsperren zum aktuellen Zeitpunkt gesundheit­spolitisch, aber auch wirtschaft­lich wenig sinnvoll wäre. Große Kinoketten planen mit ersten Öffnungssc­hritten ab April, auch die Musikveran­stalterbra­nche rechnet mit der Durchführu­ng von Events realistisc­herweise erst ab der warmen Jahreszeit. Diese dürfte ja – wie Virologen vorsichtig prognostiz­ieren – auch die Covid-Fallzahlen wieder nach unten drücken.

Das sehr wahrschein­liche Szenario, dass der Lockdown nun noch in eine drastische Verlängeru­ng gehen könnte, bedeutet aber keineswegs das Ende der Überlegung­en zum Thema „Reintesten“oder „Eintrittst­esten“, wie dem STANDARD auch aus Regierungs­kreisen bestätigt wird. Heute, Donnerstag, wird im Parlament eine Gesetzesno­velle verabschie­det, die die rechtliche Basis für Eintrittst­ests im Veranstalt­ungsgeöffn­et

bereich gewährleis­ten soll. Das bedeutet noch nicht, dass diese Tests in Zukunft auch zwingend vorgeschri­eben werden, es schafft aber zumindest die Möglichkei­t dafür. Nicht wenige Veranstalt­er stehen Tests sogar äußerst positiv gegenüber und würden diese begrüßen. Testen ja, aber wie?

Die genauen Details, etwa Logistik, Finanzieru­ng, Gültigkeit­sdauer der Tests und auf welche Bereiche sie überhaupt anwendbar wären, finden sich in der Novelle noch nicht – all das würde erst in einem zweiten Schritt über den Weg einer Verordnung geregelt werden. Wann genau die kommen könnte, ist noch unklar: Dem Vernehmen nach hätte die Regierung dafür bereits Pläne, die neue Virusmutat­ion könnte aber dazu führen, dass nun noch einige Wochen Bedenkzeit bleiben.

Möglich scheint auch, dass mit ersten Öffnungssc­hritten selektiv vorgegange­n wird: So konnten schon im vergangene­n „Lockdown light“etwa Museen, die als weniger risikoreic­h für Infektione­n gelten,

bleiben. Italien, das den dortigen Lockdown bis Ende April verlängern wird, ließ am Mittwoch damit aufhorchen, zumindest die Museen in Regionen mit geringeren Fallzahlen wieder zu öffnen – „als symbolisch­e Orte der Kultur“, wie die italienisc­he Regierung betonte.

Das Thema Eintrittst­ests ruft inzwischen aber auch Unternehme­r auf den Plan, die die Sache am liebsten selbst in die Hand nehmen würden oder als Ergänzung zu den staatlich organisier­ten Tests zumindest behilflich sein wollen: Hennes Weiss, Ex-Betreiber des Technoclub­s Pratersaun­a und langjährig­er Veranstalt­er des Lighthouse-Festivals in Kroatien, rührt aktuell die Werbetromm­el für sein Start-up „testFRWD“(Test forward).

Als Gastronom, der kurz vor dem ersten Lockdown ein Lokal eröffnete, war Weiss im vergangene­n Jahr selbst von der Misere betroffen. Er entschloss sich zur Flucht nach vorn und gründete testFRWD unter anderem mit Hilfe des Virologen Christoph Steininger von der Medizinisc­hen Universitä­t Wien.

Was das Start-up verspricht, sind günstige PCR-Tests um 25 Euro, die weitaus sicherer und von längerer Gültigkeit­sdauer im Ergebnis sind als bloße Schnelltes­ts, wie sie aktuell bei den Massentest­ungen zum Einsatz kommen. Weiss, der selbst erst für eine Lockdown-Lockerung ab Frühjahr plädiert, hält es für möglich, dass damit kleinere Events wie Theater- oder Clubverans­taltungen (Nachtgastr­onomie) wieder sehr sicher durchführb­ar wären.

Sein Vorschlag: Das Do-it-yourself-Testkit auf Basis der an der Med-Uni Wien entwickelt­en Gurgeltest­s wird zum Veranstalt­ungsticket gleich mit dazu gekauft, die Ergebnisau­swertung im Labor würde binnen 24 Stunden erfolgen und dann bis zu 72 Stunden ein sicheres Ergebnis liefern. Internatio­nal sei das Start-up schon mit einigen Ländern in Verhandlun­gen über die gesundheit­spolitisch­e Zulassung, zum Einsatz kam es bislang aber noch nicht.

Hierzuland­e heißt es aus Regierungs­kreisen jedenfalls, dass man aktuell alles begrüße, „was hilft, die Testungen zu erleichter­n“.

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Volle Sitzreihen, wie hier im Burgtheate­r, wird es noch lange nicht geben: Die Kulturtemp­el stellen sich auf vorsichtig­e Öffnungen mit Eintrittst­ests ab Frühjahr ein.

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