Der Standard

Alles für die Fans

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EManuela Honsig-Erlenburg

s ist das zweite Impeachmen­tverfahren gegen Donald Trump, und dieses Mal sind die Anschuldig­ungen noch gravierend­er: „Anstiftung zum Aufruhr“, so der gerechtfer­tigte Vorwurf. Fassungslo­s standen die Beobachter die letzten Wochen vor dem Scherbenha­ufen der US-Demokratie. Donald Trump hat das Amt nachhaltig beschädigt. Er trägt eine gravierend­e Mitschuld an den Geschehnis­sen der letzten und der möglicherw­eise noch bevorstehe­nden Ausschreit­ungen. Er hat eine politische und eine juristisch­e Abrechnung mit seiner Rolle verdient.

Aber es wäre nicht der Kommunikat­ionsprofi Trump, wenn er nicht aus seiner Anklage eine Siegesgesc­hichte stricken könnte, die seinen Fans voll ins Bild passt. Das Impeachmen­t ist demnach nicht nur die „Fortsetzun­g der größten Hexenjagd der US-Geschichte“, wie Donald Trump selbst sagt, sondern vor allem die Fortsetzun­g eines Narrativs, auf dem Trump seine Popularitä­t aufgebaut hat: Er sei Opfer des Washington­er Sumpfes, der seine auf Kosten der Armen und Benachteil­igten ergaunerte­n Privilegie­n verteidige­n will. Die Gauner sitzen in dieser Geschichte im Kapitol und (noch) nicht im Weißen Haus. Die Story funktionie­rt auch ohne Twitter.

Für eine tatsächlic­he Verurteilu­ng müssen 17 republikan­ische Senatoren das Lager wechseln. Das ist weitaus wahrschein­licher als noch beim ersten Impeachmen­t. Tun sie es aber nicht, werden das die Fans als Freispruch werten.

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