Der Standard

Zu viele Merkwürdig­keiten

- Fabian Schmid

Eine funktionie­rende Justiz ist zentral für die Demokratie: So wie jeder das Recht hat, frei seine politische­n Vertreter zu wählen, so sollten auch alle gleich von der Justiz behandelt werden. Schon der Anschein, dass bestimmte Menschen, etwa reiche und ÖVP-nahe, eine bevorzugte Behandlung bekommen, richtet immensen Schaden an.

Die Casinos-Ermittlung­en und der Ibiza-U-Ausschuss haben alte, nur schlecht verheilte Wunden neu aufgerisse­n. Ob im Parlament oder im Hintergrun­dgespräch: Vom Kanzler abwärts schimpft die ÖVP über die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA). Die fühlt sich von der Oberstaats­anwaltscha­ft Wien in Form ihres Leiters Johann Fuchs und – einst – Sektionsch­ef Christian Pilnacek gegängelt. Die beiden überlegten schon gemeinsam, wie man der WKStA medial schaden könne. Durch die Versetzung von Pilnacek im Sommer 2020 versuchte Justizmini­sterin Alma Zadić (Grüne), die Situation zu entschärfe­n.

Dass sich nun ein Whistleblo­wer gemeldet hat, um Fuchs und Pilnacek Vertuschun­g vorzuwerfe­n, zeigt, wie ernst die Situation ist. Zadić muss handeln: Die WKStA muss von ihren Vorab-Berichtspf­lichten befreit oder einer anderen Aufsicht zugeteilt werden. Eine Untersuchu­ngskommiss­ion muss evaluieren, ob und wie die Weisungske­tte Ermittlung­en politisch beeinfluss­t hat. Es geht immerhin um den Rechtsstaa­t.

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