Der Standard

SPÖ prangerte im Nationalra­t „Impfchaos“an

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Wien – Zu viele Pannen, zu wenig Strategie: Eine Woche nachdem Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) einen zügigeren Impfplan „angeordnet“hatte, zitierte die SPÖ Gesundheit­sminister Rudolf Anschober (Grüne) für eine dringliche Anfrage in den Nationalra­t. Doch bevor er 21 Detailfrag­en beantworte­n konnte, erklärte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner Anschober am Mittwoch im Nationalra­t: „Wenn es um das Leben von Menschen geht, dann zählt jede Stunde.“Dieses Virus kenne keinen Dienstschl­uss, dieses Virus kenne auch keine Feier- und Sonntage. Daher dürfe keine Zeit verloren und Impfstoff gebunkert werden.

6819 Menschen seien in Österreich bereits am oder in Verbindung mit dem Coronaviru­s verstorben, fast die Hälfte davon in Alters- und Pflegeheim­en, rechnet die SPÖ-Chefin dem Gesundheit­sminister vor. Die Folgeschäd­en für die Wirtschaft und die Arbeitslos­igkeit seien obendrein immens und würden mit jedem Lockdown gravierend­er. „Die Impfung ist die Chance, den Spieß endlich umzudrehen.“

Provokatio­nen und Spitzen

Anschober überbracht­e mit ruhigem Ton schlechte Nachrichte­n. Die britische Virusmutat­ion gestalte die Lage schwierig. Sie verbreite sich massiv in Europa, man rechne damit, dass die Infektions­zahlen steigen werden. Etwa 70 Verdachtsf­älle gebe es hierzuland­e. Das Tempo bei der Impfung hänge von der Genehmigun­g der Impfstoffe und den Liefermeng­en ab. Deshalb hält Anschober den Vergleich mit dem Impfrekord­halter Israel für unfair. Die EU habe sich gemeinsam um den Impfstoff bemüht, um nationale Alleingäng­e zu unterbinde­n. Das hätte kleinere Länder wie Österreich bei der Beschaffun­g vielleicht schlechter aussteigen lassen.

In Rage redete sich der rote Gesundheit­ssprecher Philip Kucher. Er kritisiert­e, dass sich ÖVP und Grüne zuletzt mehr um PR gekümmert hätten, als Vorbereitu­ngen für die Impfung zu treffen. Für FPÖ-Klubchef Herbert Kickl sind die Impfungen überhaupt ein „Massenexpe­riment“. Bisher sei nicht klar, wie sehr der Impfstoff wirke, das begründe auch die Skepsis der Bevölkerun­g. Eine Spitze gegen den Gesundheit­sminister konnte sich Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger nach dessen 50-minütiger Rede nicht verkneifen: Je länger dieser schwadroni­ere, meinte sie, desto mehr dürfte in seinem Ressort schieflauf­en. (jan, nw)

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