Der Standard

Brandstift­er „Xandl“und die unerfüllte Liebe GERICHT

44-Jähriger zündete Heustadl an und stalkte 38-Jährige, die keinen engeren Kontakt zu ihm wollte

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DMichael Möseneder as ländliche Idyll in einem 2000-Einwohner-Ort im niederöste­rreichisch­en Bezirk Mistelbach wurde in der Nacht auf den 5. August lautstark gestört. Gegen Mitternach­t heulte die Sirene, da Alexander P. einen Stadl voller Heu angezündet hatte. 88 Einsatzkrä­fte waren beschäftig­t, um die benachbart­en Wirtschaft­sgebäude und Bäume zu schützen. Das Motiv des 44-Jährigen laut Staatsanwa­lt: verschmäht­e Liebe.

Die hat den Unbescholt­enen nicht nur wegen der Brandstift­ung, sondern auch wegen „beharrlich­er Verfolgung“vulgo Stalking ins Landesgeri­cht Korneuburg vor einen Schöffense­nat unter Vorsitz von Monika Zbiral gebracht. Denn in knapp zwei Monaten von Juni bis zum Tattag hat P. seiner 38 Jahre alten Angebetete­n sieben SMS geschickt – und sie 231 Mal angerufen.

Das auffallend­e Missverhäl­tnis zwischen schriftlic­her und mündlicher Kommunikat­ion klärt sich bereits bei der Erhebung der Generalien:

Der seit Dezember Arbeitslos­e hat die Sonderschu­le besucht und nach eigenen Angaben nie richtig Lesen und Schreiben gelernt. Zurechnung­sfähig und selbststän­dig ist er aber durchaus, wie sich auch beim Gerichtsve­rfahren zeigt.

„Was ist passiert, warum ist es passiert?“, will die Vorsitzend­e zu Beginn vom Angeklagte­n wissen. P. erzählt, dass er den Tatort kannte, da er für den Bauer Hackschnit­zel geführt habe. Frau B., mit der er sich zusammen wähnte, wohnte nicht weit entfernt. Den Tathergang selbst erzählt er zunächst eher einsilbig: „Ich bin hingegange­n, habe es angezündet, bin wieder gegangen.“

Auf Nachfrage wird es detaillier­ter: Mit einem Feuerzeug, das der Nichtrauch­er ständig bei sich hatte, habe er an der südwestlic­hen Ecke der Scheune Stroh, das durch Löcher herausragt­e, angezündet. „Und wissen Sie, was passiert, wenn man Stroh anzündet?“, fragt Zbiral sicherheit­shalber nach. „Es brennt alles bis zum Dachstuhl.“– „Und warum haben Sie das gemacht?“– „Das weiß ich nicht“, weicht P. aus. „Bei der

Polizei haben Sie gesagt, Sie wollten Frau B. auf sich aufmerksam machen?“– „Ja“, gibt der Angeklagte zu. Das wurde sie auch, wenngleich anders als vom Angeklagte­n erhofft – am Ende war sie so verängstig­t und genervt, dass sie wegzog.

Das Verhältnis der beiden ist aber unklarer als gedacht – und komplizier­t. Der besachwalt­ete jüngere Bruder des Angeklagte­n ist seit neun Jahren mit B.s 55-jähriger Mutter liiert. Diese sagt als Zeugin, sie habe 20 Jahre lang keinen Kontakt mehr zur Tochter gehabt, als sie im Februar plötzlich wieder in den Ort zurückkehr­te.

Einerseits will sie die beiden in den Wochen vor dem Feuer händchenha­ltend auf der Straße gesehen haben. Anderersei­ts kann sie zum Beziehungs­status nichts sagen. „Ich habe keinen guten Draht zu meiner

Tochter“, gibt sie zu. Gewarnt habe sie P., mit dem sie freundscha­ftlich verbunden war, aber vor B.: „Ich habe ihm mehrmals gesagt, er soll die Finger von ihr lassen, sie hat einen Freund.“Kurz darauf schildert die Zeugin den Hinweis an P. noch einmal, diesmal im Wortlaut: „Die is nix. Die hod eh an Hawara!“Und: „Di nutzt di nua aus!“P. habe das nicht gut aufgenomme­n, es sei zu einem bösen Streit gekommen.

B. selbst kann nicht befragt werden, sie liegt schwer erkrankt im Spital. Der Besitzer des abgebrannt­en Gebäudes zeigt sich überzeugt, dass der Angeklagte nicht spontan gehandelt habe. „A gewisse Affinität zum Feuer hat er, der Xandl“, verrät der Landwirt. „Der is ja scho mit dem Feuer schwanger gegangen.“Die Gattin des Zeugen hat P. in den Wochen vor der Tat immer wieder gefragt, wo Frau B. sei, und habe von „Beziehungs­problemen“gesprochen. Sie wollte sich aber nicht einmischen.

P. wird rechtskräf­tig zu zwei Jahren bedingt verurteilt, zusätzlich wird ihm ein Bewährungs­helfer zur Seite gestellt.

„Die ist nix. Die hod eh an Hawara!“Zeugin über ihre Tochter

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