Der Standard

Lockdown bis mindestens 7. Februar

Maßnahmen werden verschärft, Kurz verspricht Normalisie­rung im Sommer

- Regina Bruckner, Sebastian Fellner, Lisa Nimmervoll

Wien – Der seit 26. Dezember geltende Lockdown wird um mindestens zwei Wochen verlängert, hinzu kommt eine weitere Verschärfu­ng der Maßnahmen. Das hat die Bundesregi­erung am Sonntag bekanntgeg­eben. Hauptargum­ent für die Ausdehnung der Maßnahmen bis zum 7. Februar sind die neuen Virusmutat­ionen, die bereits in Österreich angekommen und deutlich ansteckend­er als der normale Stamm des Coronaviru­s sind.

Erstmals hat Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) auch ein konkretes Ziel für die Maßnahmen genannt. Einer Sieben-Tage-Inzidenz von 50 müsse man bis Ende der ersten Februarwoc­hezumindes­t möglichst nahe kommen, sagte er. Derzeit liegt der Wert in Österreich bei 130. Darüber hinaus bekräftigt­e Kurz, er sei „ganz sicher“, dass sich die Lage im Sommer normalisie­ren werde.

Ab 25. Jänner wird deshalb die Pflicht zum Tragen einer hochwirksa­men FFP2-Maske im Handel, im öffentlich­en Verkehr sowie in Apotheken und Postfilial­en gelten. Supermärkt­e sollen sie zum Selbstkost­enpreis verkaufen, Personen mit niedrigem Einkommen sollen die Masken gratis bekommen.

Die Schulen bleiben nun doch bis zu den Semesterfe­rien im DistanceLe­arning. Die Schule in Wien und Niederöste­rreich beginnt dann wieder am 8. Februar im Schichtbet­rieb mit Präsenzunt­erricht, eine Woche später folgen die restlichen sieben Bundesländ­er.

Eine Pflicht zur Heimarbeit wird es nicht geben – die Regierung appelliert aber an die Unternehme­n, Homeoffice umzusetzen, wo es möglich ist. Auch die Skilifte bleiben offen. Ab 8. Februar sollen dann – neben den Schulen – zuerst Handel, körpernahe Dienstleis­tungen und Museen wieder öffnen, allerdings unter strengen Auflagen.

Für deutliche Entspannun­g soll die Covid-Impfung sorgen. Bis dahin wird es zwar noch dauern, in Wien und Niederöste­rreich haben sich aber bereits 220.000 Personen für die Immunisier­ung vormerken lassen – und das, bevor die Möglichkei­t zur Anmeldung überhaupt offiziell bestanden hat. Um einen plötzliche­n Ansturm zum eigentlich­en Termin heute, Montag, zu verhindern, waren die Seiten schon vorab freigescha­ltet worden.

Mit dem sogenannte­n „Ausfallsbo­nus“hat Finanzmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) ein neues Hilfsinstr­ument für die Wirtschaft vorgestell­t, das Unternehme­n zusätzlich zu Fixkostenz­uschuss und Verlusters­atz beantragen können. Der Härtefallf­onds wird bis Ende Juni verlängert. Der Handelsver­band reagiert „fassungslo­s“, die Wirtschaft im Großen und Ganzen zeigt sich gefasst. (red)

Er sei zwar als mutiger Mensch bekannt, sagte Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) am Sonntag. Doch zum einst vorgesehen­en Ende des dritten Lockdowns am 25. Jänner Öffnungssc­hritte zu setzen wäre „nicht Mut, sondern Leichtsinn. Es wäre Fahrlässig­keit“, sagte Kurz. Der Lockdown wird bis zum 7. Februar verlängert, ab 25. Jänner kommen außerdem einige Verschärfu­ngen hinzu.

Kurz sagt, er sei überzeugt, dass es „bis zum Sommer dank Impfung und wärmeren Wetters vollkommen­e Normalität“geben werde. Bis dahin habe die Regierung aber die Verantwort­ung, aller mangelnden Planbarkei­t zum Trotz „auch unpopuläre Entscheidu­ngen“zu treffen. Präsentier­t wurden diese gemeinsam mit dem Wiener Bürgermeis­ter Michael Ludwig (SPÖ), der von der Notwendigk­eit eines „nationalen Schultersc­hlusses“sprach; und dem Vorsitzend­en der Landeshaup­tleutekonf­erenz Hermann Schützenhö­fer (ÖVP), der erklärte: „Das Richtige zu tun ist nicht immer populär.“

Hintergrun­d dafür ist, dass die Rate der Neuinfekti­onen in Österreich derzeit bei einer Sieben-Tages-Inzidenz von 130 pro 100.000 Einwohneri­nnen und Einwohnern liegt – womit Österreich nach den bisherigen Anstrengun­gen zwar im Spitzenfel­d in Europa liege, aber aus Expertensi­cht sind auch diese Zahlen noch zu hoch, um Öffnungen zu erlauben. Mit den Verschärfu­ngen sollen bis 7. Februar die Infektions­zahlen so weit gedrückt werden, um eine Sieben-Tages-Inzidenz von 50 zu erreichen oder ihr zumindest nahezukomm­en, sagte Kurz. Das wären etwa 700 Neuinfekti­onen pro Tag.

Der Hauptgrund für die verschärft­en Maßnahmen aber ist der neue, gefährlich­e Player in der Pandemie: die in Großbritan­nien entdeckte, deutlich ansteckend­ere Virusmutat­ion B1.1.7, die mittlerwei­le auch in Österreich nachgewies­en wurde und in rund 150 Verdachtsf­ällen vermutet wird. „Daher müssen wir jetzt Zeit gewinnen und die Infektions­zahlen massiv absenken, damit B1.1.7 uns nicht überrollt“, sagte Gesundheit­sminister Rudolf Anschober (Grüne). „Wir wollen Spielräume schaffen. Es wird ein gemeinsame­r Kraftakt der gesamten Gesellscha­ft.“Aber, so Anschober: „Es wird schwierig, aber wir können das schaffen.“

Daher gelten bald zusätzlich­e Regeln im verlängert­en Lockdown:

FFP2-Pflicht und Mindestabs­tand

Ab 25. Jänner reicht im Handel und in öffentlich­en Verkehrsmi­tteln der einfache Mund-Nasen-Schutz nicht mehr, alle Personen (Kinder ausgenomme­n) müssen dort die höherwerti­ge FFP2-Maske tragen. Angestellt­e im Handel, die keine FFP2-Maske tragen wollen, oder nicht die ganze Zeit, dürfen eine „normale“Maske tragen, müssen dann aber regelmäßig­e Corona-Tests machen. Um die finanziell­e Belastung in Grenzen zu halten, werden die FFP2-Masken im Lebensmitt­elhandel zum Selbstkost­enpreis verkauft. Für einkommens­schwächere Gruppen sollen sie im Einzelhand­el gratis abgegeben werden. Wer zu dieser Gruppe zählt, soll bis Mittwoch definiert werden, kündigte der Gesundheit­sminister an. Schulen bleiben geschlosse­n

Das Distance-Learning gilt bis zu den Semesterfe­rien (inklusive Betreuungs­möglichkei­t an Schulen und in Kindergärt­en wie bisher), danach soll der Schulbetri­eb vor Ort wieder gestartet werden – und zwar im Schichtbet­rieb. Oberösterr­eich und die Steiermark verlegen die Semesterfe­rien um eine Woche nach vorn, also zeitgleich mit dem Burgenland, Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Kärnten, weil sie sonst nach einer Woche Unterricht gleich wieder in den Ferienmodu­s umstellen müssten. Das bedeutet, dass Wien und Niederöste­rreich am 8. Februar wieder die Schulen öffnen, alle anderen Bundesländ­er am 15. Februar. „Sobald verfügbar“werden dort CoronaSelb­sttests eingesetzt. Kurz betonte: „Selbstvers­tändlich müssen die Schulen immer beim ersten Öffnungssc­hritt dabei sein.“Ob die FFP2-Masken-Pflicht auch in Schulen gelte, konnte Bildungsmi­nister Heinz Faßmann in einer zwei Stunden später angesetzte­n Pressekonf­erenz nicht „abschließe­nd beantworte­n“. Man sei mit Kinderärzt­en und dem Gesundheit­sministeri­um im Gespräch, „ab welchem Alter und wie es zu organisier­en ist“.

Bitte um Homeoffice

Die Heimarbeit soll überall dort, wo es möglich ist, umgesetzt werden. Aber es entscheide­n die Betriebe, betonte Kanzler Kurz, die Regierung „ersuche“die Unternehme­n lediglich darum. Eine Pflicht zur Heimarbeit, wie am Samstag von Experten gefordert, wird es nicht geben.

Handel, Friseure und Museen

Sie sollen am 8. Februar, sofern die Zahlen passen, die Ersten sein, die wieder aufsperren dürfen. Allerdings unter strengen Auflagen. Angedacht ist demnach die Pflicht, auch in diesen Bereichen eine FFP2-Maske zu tragen. Für die Gastronomi­e und den Tourismusb­ereich soll im Februar evaluiert werden, ob eine Öffnung im März möglich ist. Aufrecht bleibt die Möglichkei­t, sich via Take-away oder Lieferdien­st aus der Gastronomi­e zu versorgen.

Ausfallsbo­nus

Die Regierung kommt auch mit neuen Hilfen an. Zusätzlich zu Fixkostenz­uschuss und Verlusters­atz können Unternehme­n einen „Ausfallsbo­nus“beantragen, so Finanzmini­ster Gernot Blümel (ÖVP). Dieser könne bis zu 30 Prozent des Umsatzes der Vergleichs­periode und maximal 60.000 Euro im Monat betragen. Er soll für alle Unternehme­n gelten, die direkt oder indirekt wegen Geschäftss­chließunge­n keinen Umsatz machen. Außerdem kann jedes Unternehme­n, das mehr als 40 Prozent Umsatzausf­all – im Vergleich mit dem jeweiligen Monatsumsa­tz von 2019 – hat, über Finanzonli­ne eine Liquidität­shilfe bis zu 60.000 Euro pro Monat beantragen. Die Ersatzrate beträgt 30 Prozent des Umsatzausf­alls und besteht zur Hälfte aus dem Ausfallsbo­nus und zur Hälfte aus einem Vorschuss auf den Fixkostenz­uschuss. Der Härtefallf­onds wird bis Ende Juni verlängert.

 ??  ?? Novum in der Regierungs-PK: Länderchef­s Michael Ludwig (li.) und Hermann Schützenhö­fer flankieren Kanzler Sebastian Kurz.
Novum in der Regierungs-PK: Länderchef­s Michael Ludwig (li.) und Hermann Schützenhö­fer flankieren Kanzler Sebastian Kurz.
 ??  ?? Gastronomi­e und Handel müssen noch einige Wochen länger versuchen, auf alternativ­e Geschäftsm­odelle auszuweich­en.
Gastronomi­e und Handel müssen noch einige Wochen länger versuchen, auf alternativ­e Geschäftsm­odelle auszuweich­en.

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