Der Standard

Grüne Klubrochad­e

Die grüne Klubführun­g im Parlament wird umgebaut. Ewa Ernst-Dziedzic wird abgelöst. Sie gilt durch ihr Engagement in Flüchtling­sfragen als zu wenig kompatibel in der Koalition mit der ÖVP.

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Die Grünen bauen die Klubleitun­g um Sigi Maurer um, ihre Stellvertr­eterinnen werden abgelöst.

Im Parlaments­klub der Grünen stehen am Dienstag Personalen­tscheidung­en an, die erhebliche­s Konfliktpo­tenzial in sich bergen. Es soll zu einem Umbau der Klubleitun­g um Klubobfrau Sigi Maurer kommen. Abgelöst werden ihre bisherigen Stellvertr­eterinnen: Astrid Rössler und Ewa Ernst-Dziedzic. Während der Rückzug der ehemaligen Salzburger Landeshaup­tmannstell­vertreteri­n Rössler nicht für hohen Wellen sorgt, stößt die Ablöse von Ernst-Dziedzic auf Kritik in den eigenen Reihen. Hier werde eine parteiinte­rn unbequeme Person, die nicht ausreichen­d koalitions­konform agiert habe, entmachtet, heißt es. Der Klub soll auf Kurs gebracht werden.

Ernst-Dziedzic soll vor allem durch ihr konstantes Eintreten für die Flüchtling­e auf Lesbos für Irritation in der Parteiführ­ung und beim Koalitions­partner gesorgt haben. Ernst-Dziedzic war selbst vor Ort im Flüchtling­slager Moria und macht seitdem konsequent Druck für eine Aufnahme von Flüchtling­en. Das birgt insofern Konfliktst­off, als grüne Sympathisa­nten so in ihrer Kritik am Kurs der Partei befeuert werden: Um die Koalition mit der ÖVP nicht zu stören, soll die Flüchtling­sfrage

nicht ständig hochgespie­lt werden. Daraus ist auch innerhalb des grünen Klubs ein Konflikt entstanden.

Ernst-Dziedzic soll als Stellvertr­eterin von Maurer am Dienstag durch Meri Disoski abgelöst werden. Disoski war Büroleiter­in der Wiener Vizebürger­meisterin Maria Vassilakou, als Nationalra­tsabgeordn­ete wurde sie vergangene­s Jahr zur Vorsitzend­en der Grünen Frauen gewählt. Sie gilt als parteikonf­orm und „auf Linie“. Disoski soll Maurer parteiinte­rn den Rücken freihalten. Mit der Entmachtun­g von ErnstDzied­zic verliere die parteiinte­rne Kritik eine Stimme.

Michael Völker, Oona Kroisleitn­er

Ernst-Dziedzic wollte sich vom STANDARD darauf angesproch­en nicht dazu äußern, sie verwies auf eine Erklärung der Klubführun­g, die erst präsentier­t werde. Bekannt ist, darauf hat sie früher selbst verwiesen, dass Ernst-Dziedzic von ihrer Partei mehr Engagement in Menschenre­chtsfragen einfordert. Die aus Polen stammende Abgeordnet­e gilt als ehrgeizig, macht- und karrierebe­wusst, ließ sich von der Parteiführ­ung aber nicht ganz einfach auf die neue türkis-grüne Linie bringen. Ihr Rückzug aus der Klubführun­g mache das Mitregiere­n wieder einfacher, sagen Kritiker, die hier einen Gefallen für die ÖVP orten.

Maurer weist das zurück, der Umbau nach einem Jahr sei eine ganz normale Geschichte und habe nichts mit den inhaltlich­en Positionen von Ernst-Dziedzic zu tun. Hinter der Moria-Linie stünde der gesamte Klub. Nach einem Jahr sei das Statut angepasst worden, im Übrigen müssen die neuen Positionen im Klub gewählt werden.

Rücktritt ohne Tamtam

Auch in Wien stehen dieser Tage Veränderun­gen bei den Grünen an. Parteichef­in Birgit Hebein hat Ende 2020 angekündig­t, im Jänner auch den Parteivors­itz zurückzule­gen. Zuvor hatte die ehemalige

Vizebürger­meisterin und Spitzenkan­didatin bei den Grünen bereits ihr Gemeindera­tsmandat nicht angenommen. „Ohne Vertrauen des Klubs kann ich der Aufgabe nicht gerecht werden, die gesamte Landespart­ei zu vertreten, das geht nur gemeinsam“, schrieb Hebein auf Facebook. Dem Vernehmen nach soll der offizielle Rücktritt nun Anfang der Woche – ohne viel Tamtam – über die Bühne gehen.

Bis zur Wahl ihrer Nachfolge wird Hebein durch die grüne Landesleit­ung beziehungs­weise Landespart­eisekretär Peter Kristöfel ersetzt. Kristöfel ist seit 2015 Bezirksrat in Döbling und war von 2018 bis 2019 Landesspre­cher der Partei. Er wird vor allem die Kommunikat­ion nach innen übernehmen. Nach außen werden die beiden nicht amtsführen­den Stadträte Peter Kraus und Julia Pühringer die Wiener Grünen vertreten.

Kraus und Pühringer gelten zudem als aussichtsr­eichste Kandidaten für die Nachfolge Hebeins. Gewählt wird die neue Parteispit­ze im ersten Halbjahr 2021. Die Landesvers­ammlung soll im Juni stattfinde­n. Kraus und Pühringer hatten sich bei der internen Wahl der nicht amtsführen­den Stadtratsp­osten gegen Hebein durchgeset­zt.

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Astrid Rössler (links) und Ewa ErnstDzied­zic (rechts) werden als Stellvertr­eterinnen von Klubchefin Sigi Maurer (Mitte) abgelöst. Auf Ernst-Dziedzic soll Meri Disoski (oben) folgen, Rössler wird durch Olga Voglauer ersetzt. Die Neuen müssen gewählt werden.

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