Der Standard

Staatsanwä­lte forderten strafrecht­liche Verfolgung von Journalist­in

Die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft sah sich in einem „Presse“-Artikel falsch dargestell­t

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FFabian Schmid

ünf Staatsanwä­lte der Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) sowie die Behörde selbst haben erfolglos die Journalist­in Anna Thalhammer angezeigt. Sie sahen in einem Artikel der Presse-Redakteuri­n die Tatbeständ­e der „üblen Nachrede“, der „Verleumdun­g“sowie der „Beleidigun­g einer Behörde“verwirklic­ht. Anlass war ein Artikel vom 20. November 2020. Darin analysiert­e die Redakteuri­n eine Entscheidu­ng des Obersten Gerichtsho­fs (OGH) und einen dazugehöri­gen Kommentar des einstigen OGHPräside­nten und Kurzzeit-Innenminis­ters Eckart Ratz.

In diesem argumentie­rt Ratz, dass Staatsanwa­ltschaften bei Hausdurchs­uchungen besser darauf achten müssen, nur fallreleva­nte Daten zum Akt zu nehmen. In dem Presse-Bericht wurde dieser Text mit der Arbeit der WKStA in den Causen Casinos, BVT und Eurofighte­r verbunden, und es wurde angegeben, dass sich im CasinosAkt Daten zur sexuellen Orientieru­ng eines Beschuldig­ten befunden hatten. Außerdem wurde darin auf die breite Kritik an der Führung des BVT-Verfahrens verwiesen, wo es beispielsw­eise zu Durchsuchu­ngen im Büro der nur als Zeugin geführten Extremismu­s-Referatsle­iterin gekommen war.

Bei der WKStA sorgte der Artikel für helle Aufregung. So hatte die Presse geschriebe­n, dass über den Ermittlung­sakt die Namen „verdeckter Ermittler“im Verfassung­sschutz in den U-Ausschuss gelangten.

Strafrecht­liche Verfolgung

Das weist die WKStA strikt von sich. „Wenn Thalhammer noch im November 2020 bewusst einen Artikel so formuliert, dass der Eindruck entsteht, die WKStA habe diese Namen dem UA (Untersuchu­ngsausschu­ss, Anm.) bekanntgeg­eben, so tut sie das definitiv wider besseres Wissen“, schrieb die fallführen­de Staatsanwä­ltin Ursula Schmuderma­yer in einer internen E-Mail.

Als Reaktion auf den Artikel veröffentl­ichte die WKStA eine „Klarstellu­ng“

und beschwerte sich, dass keine Stellungna­hme eingeholt worden war. Fünf Staatsanwä­lte gingen allerdings weiter und forderten eine strafrecht­liche Verfolgung der Journalist­in als Privatpers­on. Zehn Tage nach dem Erscheinen des Texts erteilte Eberhard Pieber, Stellvertr­eter von Behördenle­iterin Ilse Vrabl-Sanda, die Ermächtigu­ng zur Strafverfo­lgung gegen Thalhammer im Namen von fünf Oberstaats­anwälten sowie der Behörde selbst. Ein außergewöh­nlicher Vorgang: Bei einer Verurteilu­ng hätte der Journalist­in sogar eine Freiheitss­trafe gedroht.

Die Staatsanwa­ltschaft Wien sah jedoch keinen Anfangsver­dacht und leitete somit gar nicht erst Ermittlung­en ein. „Der gegenständ­liche

Artikel wird vom Leser bei objektiver Betrachtun­g (...) lediglich dahingehen­d verstanden, dass durch die bisherige Praxis der Staatsanwa­ltschaften, unter anderem auch der WKStA, in der Vergangenh­eit bisweilen Daten in die Strafakten gelangten, die mit dem strafrecht­lichen Vorwurf nichts zu tun hatten“, heißt es in der Einstellun­gsbegründu­ng. Der Vorwurf, die Staatsanwä­lte der WKStA hätten „ ein unehrenhaf­tes Verhalten an den Tag gelegt, eine strafbare Handlung oder eine Verletzung von Amts oder Standespfl­ichten begangen, wird hingegen nicht erhoben“. Auch die von der WKStA monierten Falschdars­tellungen im Artikel änderten daran nichts.

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