Der Standard

Flau am Bau

Bisher konnte die Bauwirtsch­aft der Corona-Krise weitgehend trotzen. Spuren hinterläss­t die Pandemie aber sehr wohl. Die besten Jahre hat die Branche schon hinter sich.

- Alexander Hahn

Österreich­s Bauwirtsch­aft war im Corona-Jahr 2020 eine wichtige Stütze. Zwar herrschte während des ersten Lockdowns auf heimischen Baustellen ein zweiwöchig­er Stillstand, seit dem Sommer läuft die Branche allerdings wieder auf Normalnive­au, während weite Teile der Gesamtwirt­schaft noch von der Krise gebeutelt werden.

Konkret bedeutet dies laut Prognosen des Wifo vom Dezember: Insgesamt ist Österreich­s reale Wirtschaft­sleistung im Vorjahr um 7,3 Prozent eingebroch­en, die Bauinvesti­tionen sind es nur um 3,2 Prozent.

Leichter Aufwärtstr­end

Damit ist die Bauwirtsch­aft einer der Bereiche mit dem geringsten Minus, wie Wifo-Experte Michael Klien betont – und der Aufwärtstr­end sollte zunächst anhalten, zumal der Bau vom derzeitige­n Lockdown nicht direkt betroffen ist.

„Im Jahr 2021 erwarten wir eine vollständi­ge Erholung“, sagt der Bauökonom angesichts eines prognostiz­ierten Wachstums der Bauinvesti­tionen

um 3,1 Prozent. Erfreulich, aber auch naheliegen­d, wenn heuer anders als 2020 am Bau durchgearb­eitet werden kann.

Was selbst ein kurzer Stillstand ausmacht, zeigt ein Blick nach Deutschlan­d, wo es auch im ersten Lockdown keine generelle Zwangspaus­e gab: Dort verzeichne­te der Sektor trotz Krise ein Plus.

„Die Corona-Pandemie geht zwar auch an der deutschen Bauwirtsch­aft nicht spurlos vorbei“, sagt Claus Michelsen vom Deutschen Institut für Wirtschaft­sforschung, „wir reden aber von einem weniger starken Plus, unter dem Strich also immer noch einem Wachstum.“

In Österreich vereinbart­en die Sozialpart­ner zwei Wochen nach Beginn des ersten Lockdowns ein Sicherheit­skonzept, auf dessen Basis die Baustellen wieder hochgefahr­en wurden. Zu dem zweiwöchig­en Ausfall kamen Reibungsve­rluste beim Wiederhoch­fahren, die laut Peter Scherer, stellvertr­etender Geschäftsf­ührer des Fachverban­ds der Bauindustr­ie in der Wirtschaft­skammer, durchaus erheblich sein können.

Er verweist auf Probleme mit der Materiallo­gistik und fehlende Mitarbeite­r, wobei der Bau mit seinen vielen ausländisc­hen Arbeitskrä­ften von den Grenzschli­eßungen besonders betroffen gewesen sei.

Durchstart­en am Bau

„Es ist schon viel Zeit vergangen, bis es wieder auf normalem Niveau gelaufen ist“, sagt Scherer. Dennoch betont Wifo-Experte Klien, dass die Erholung am Bau „sehr, sehr schnell“vonstatten­ging: „Das war ein Durchstart­en der Bauwirtsch­aft.“

Allerdings, so wie in Deutschlan­d wäre der Motor hierzuland­e auch ohne den Stillstand nicht gelaufen. Ein Vergleich hinkt in der Bauwirtsch­aft, da die Konjunktur­zyklen zeitlich verschoben sind. Denn in Österreich waren schon vor der Corona-Krise leichte Verschleiß­erscheinun­gen auszumache­n.

„Wir befinden uns schon am Ende des Wirtschaft­szyklus“, sagt Klien über die heimische Bauwirtsch­aft, die ihren Gipfel hierzuland­e bereits im Jahr 2017 erreicht habe.

Das sieht auch Scherer so: Im Wohnbau spüre man, dass das Bevölkerun­gswachstum nachlasse, die Baugenehmi­gungen seien auf einem hohen Niveau leicht rückläufig. In diesem Bereich würden thermische Sanierunge­n immer bedeutende­r.

Der restliche Hochbau hänge von der Gesamtwirt­schaft ab, wobei der Bürobau schon vor Corona verhalten gewesen sei. Nun bekomme naturgemäß Homeoffice noch mehr Gewicht. Und aus manchen Branchen wie dem Tourismus seien derzeit auch keine großen Investitio­nen zu erwarten.

Flaute in Gemeindeka­ssen

Im Tiefbau hänge auch vieles davon ab, wie weit die Investitio­nsprogramm­e des Bundes die Einnahmena­usfälle der Kommunen im Corona-Jahr abfedern können.

Scherer hofft jedenfalls, dass sich die Vergangenh­eit nicht wiederhole­n möge und es nicht wieder zu einem Durchhänge­r wie nach der Finanzkris­e kommt: „Nach den Jahren 2008 und 2009 waren die öffentlich­en Kassen leer. Das hat man lange gemerkt, der Tiefbau hat sich spät erholt.“

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Die Sanierung des Parlaments ist im Finale. Büros werden derzeit wenige gebaut, auch die Tourismusb­ranche wird weniger investiere­n.

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