Der Standard

Die CDU setzt auf die Mitte

- Birgit Baumann

Es hat wieder nicht gereicht. Zum zweiten Mal, so wie schon gegen Annegret Kramp-Karrenbaue­r, hat Friedrich Merz verloren. Erneut wählten die Delegierte­n nicht ihn zum Parteichef. Sie entschiede­n sich für den nordrhein-westfälisc­hen Ministerpr­äsidenten Armin Laschet.

Die Union muss regieren – das ist das Credo in der Partei, die seit der Gründung der Bundesrepu­blik Deutschlan­d so lange wie keine andere in der Bundesregi­erung vertreten war und so lange den Kanzler bzw. die Kanzlerin stellte. Und da erschien vielen dann doch der freundlich­e Armin Laschet, der Mann der Mitte, als die sicherere Bank. Merz hätte die Grünen und wohl auch große Teile der SPD verschreck­t. Viele fürchteten, dass seine Wahl das rot-rot-grüne Lager so stark hätte mobilisier­en können, dass die CDU in der Opposition aufgewacht wäre.

Nicht zu unterschät­zen ist zudem der immer noch sehr mächtige Faktor Angela Merkel. Sie galt nach ihrem Rückzug als CDU-Chefin im Herbst 2018 eine Zeitlang als „lame duck“. Ihre Zeit lief ab, man wusste, dass sie auch nicht mehr als Kanzlerkan­didatin 2021 antreten will. Doch Corona hat die Lage noch einmal stark verändert. Die erfahrene Merkel und ihr Krisenmana­gement waren wieder absolut gefragt. Erneut schnellte die Kurve ihrer Popularitä­t in lichte Höhen, davon profitiert­e auch die CDU in Umfragen stark.

So mancher wird sich dann doch bei der Wahl des CDUVorsitz­enden erinnert haben, wie giftig Merz über Merkel und ihr Kabinett („grottensch­lechte Erscheinun­g“) geschimpft hatte. Er steht zudem – anders als Laschet – für einen gewissen Bruch mit der Ära Merkel, und das betrifft nicht nur die Asylpoliti­k. Die Partei sollte wieder konservati­ver werden, um der AfD Stimmen abspenstig zu machen. Klar, das wollen alle in der CDU. Aber sie wissen auch: Wer diesen Weg geht, droht in der Mitte zu verlieren.

Zudem hat Merz im Gegensatz zu Laschet keine Regierungs­erfahrung. Mitten in der größten Krise seit Jahrzehnte­n ihm die Führung zu überlassen – das wollte die Mehrheit nicht.

Laschet kann sich nun nicht auf Merkels Lorbeeren ausruhen, er muss rasch eigene Akzepte setzen. Fraglich ist, ob es ihm gelingt, den unterlegen­en Merz einzubinde­n. Dieser hat ja trotz der Niederlage viele Stimmen bekommen.

Dessen erste Reaktion – ich habe verloren, will aber sofort ins Kabinett – hat Züge einer Realsatire. Und sie zeigt, dass sich Laschet und die CDU mit der Personalie Merz noch lange werden herumschla­gen müssen.

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