Der Standard

Waldarbeit­er stoßen auf möglichen Bunker der RAF

Polizei prüft Schriftstü­cke der Ex-Terrorgrup­pe

- Birgit Baumann aus Berlin

Im Wald vergrabene Fässer – so etwas findet sich des Öfteren. Doch jene Entdeckung, die Waldarbeit­er in einem niedersäch­sischen Forst südlich der Stadt Hamburg gemacht haben, bezeichnet selbst das Landeskrim­inalamt als „ungewöhnli­chen Fund“.

Sie stießen auf einen Erdbunker, den die ehemalige deutsche Terrorgrup­pe RAF (Rote Armee Fraktion) angelegt haben könnte. „Nach erster Bewertung des aufgefunde­nen Schriftmat­erials ist ein Bezug zu der bundesweit agierenden terroristi­schen Gruppierun­g RAF nicht auszuschli­eßen“, heißt es beim Landeskrim­inalamt Niedersach­sen.

In einem Kunststoff­fass fanden sich Schriftstü­cke aus den Achtzigerj­ahren, darunter Anleitunge­n zum Bombenbau und zur Versorgung von Schussverl­etzungen. Auch Behälter mit Chemikalie­n wurden entdeckt. „In der richtigen Zusammense­tzung hätten diese Böses anrichten können“, sagt LKA-Sprecherin Katrin Gladitz zum Standard.

Die linksterro­ristische RAF gründete sich 1970, zunächst wurde sie nach ihren ersten Führungsfi­guren – Andreas Baader und Ulrike Meinhof – „Baader-Meinhof-Gruppe“genannt. Bis zu ihrer Selbstaufl­ösung im April 1998 ermordete die RAF im Kampf gegen das „imperialis­tische System“33 Menschen. Festnahme am Bunker

Die Gewalttate­n richteten sich vor allem gegen Führungskr­äfte aus Politik und Wirtschaft, doch es starben bei den Attentaten auch Personen aus deren Umfeld.

18 Erdbunker soll die RAF in Deutschlan­d in ihrer aktiven Zeit angelegt haben, um dort Geld, gestohlene Ausweise und Waffen zu verstecken. 14 hat die Polizei gefunden. Das Versteck südlich von Hamburg könnte das 15. sein.

Im Jahr 1982 wurden vor dem RAF-Zentraldep­ot bei Frankfurt am Main die RAF-Terroristi­nnen Brigitte Mohnhaupt und Adelheid Schulz gefasst. Ein Schwammerl­sucher hatte zuvor der Polizei ein Waldverste­ck mit Waffen gemeldet. Die Ermittler fanden darin zudem verschlüss­elte Hinweise auf weitere Bunker, wenig später wurde auch Christian Klar bei einem Depot bei Hamburg verhaftet. Mohnhaupt und Schulz waren führende Köpfe der zweiten RAF-Generation.

Suche nach Flüchtigen

Nach dem aktuellen Fund in Niedersach­sen hofften die die Ermittler zunächst auf Hinweise für eine aktuelle Fahndung. Seit Jahren wird nach den Ex-RAF-Terroriste­n ErnstVolke­r Staub, Burkhard Garweg und Daniela Klette gesucht, 2020 hat das Landeskrim­inalamt Niedersach­sen das Trio zur europaweit­en Fahndung ausgeschri­eben.

Die drei werden der dritten Generation der RAF zugerechne­t und sollen zwischen 1999 und 2016 zwölf Überfälle auf Geldtransp­orter und Supermärkt­e in Norddeutsc­hland verübt haben, um ihr Leben im Untergrund zu finanziere­n. Seit einem Überfall bei Bremen im Jahr 2015, bei dem ein Schuss den Fahrer knapp verfehlte, ermittelt die Staatsanwa­ltschaft auch wegen versuchten Mordes.

Nach erster Durchsicht soll das Material aus dem Erdloch zu alt sein, um Hinweise zu liefern. Doch LKA-Sprecherin Gladitz sagt auch: „Wir prüfen ja noch. Ausschließ­en kann man nichts.“

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