Der Standard

Wovor sich Betriebe fürchten

Betriebsau­sfälle bereiten Unternehme­n momentan die größten Sorgen, wie eine aktuelle Studie zeigt. In der Pandemie drohen nicht nur Lockdowns. Im Homeoffice gedeiht die Internetkr­iminalität.

- Andreas Danzer

Man könnte es die tragische Trias der Gefährdung für Unternehme­n nennen. Betriebsau­sfall, Pandemie-Ausbruch und Cyber-Vorfälle stellten im vergangene­n Jahr für Betriebe weltweit die größte Bedrohung dar, wie aus einer aktuellen Studie der Allianz hervorgeht. Alle drei sind eng miteinande­r verbunden.

Im neuen Risikobaro­meter des Versicheru­ngskonzern­s landet der Betriebsau­sfall auf Platz eins der Risiken, Platz zwei und drei teilen sich ex aequo ein Pandemieau­sbruch und Cyberkrimi­nalität. Anfang 2020 rangierte Letztgenan­nte an erster Stelle, doch nachvollzi­ehbarerwei­se hat Corona auch hier umgerührt.

Die Pandemie zeigt, dass extreme Ereignisse globalen Ausmaßes nicht nur theoretisc­h, sondern eine reale Bedrohung sind, die zu massiven Umsatzverl­usten und Unterbrech­ungen von Produktion, Betrieb und Lieferkett­en führen. Vor einem Jahr hätte niemand mit diesem schwarzen Schwan gerechnet, die Gefahr einer Pandemie wurde unterschät­zt. Deshalb landete der

Ausbruch einer Pandemie im Ranking nie höher als auf Platz 16. Nun ging es von Platz 17 auf direkt unter die top drei.

Die für die Industriev­ersicherun­g zuständige Sparte AGCS befragte für Studie mehr als 2700 Fachleute für Unternehme­nsgefahren, Führungskr­äfte, Risikomana­ger sowie Versicheru­ngsexperte­n in 92 Ländern.

Problemher­d Homeoffice

Wer konnte, wechselte im März 2020 ins Homeoffice. Die infrastruk­turellen Voraussetz­ungen dafür hatten viele Betriebe für ihre Mitarbeite­r aber nicht geschaffen. Menschen arbeiteten mit privaten Computern von zu Hause aus, was für Kriminelle in gewisser Weise eine Einladung ist.

„Sich zu einem privaten PC Zugang zu verschaffe­n ist viel einfacher als zu einem betrieblic­hen, das nutzen Kriminelle“, sagt Cybersecur­ity-Experte Georg Beham vom Unternehme­nsberater PWC. Gezielte Angriffe seien nicht der Regelfall, meint er, eine Attacke sei eher mit einer Postwurfse­ndung zu vergleiche­n. Tausende Phishing-Mails werden ausgeschic­kt oder Webseiten infiziert, wo sich ein nichtsehen­der User „etwas einfängt“.

Beim Resümee lasse sich leicht auslesen, wer ins Netz ging und wo dieser jemand arbeitet. Bei „profitable­n“Firmen verschafft sich der Hacker dann Zugang.

Es folgt ein oft monatelang­er Prozess, in dem Angreifer das System beobachten, immer tiefer in selbiges vordringen und Informatio­nen kopieren. „Irgendwann drückt der Angreifer den ‚Kill-Button‘, und dann geht beim Unternehme­n nichts mehr“, erklärt Beham. Dann komme meist eine hohe Lösegeldfo­rderung im sechs- bis siebenstel­ligen Bereich, abhängig von der Firma. Er hat monatlich mit solchen Angriffen zu tun.

Wer steckt dahinter

Was machen Hacker mit diesen Zugängen? Die Hacker selbst oft nichts. „Die Möglichkei­t, einen Betrieb zu attackiere­n, wird oft verkauft“, so Beham. Die Motive der Abnehmer sind unterschie­dlich. Ein derartiger Zugang kann zur Wirtschaft­sspionage dienen, da möchte man aber unentdeckt bleiben. Oft geht es bei Maschinen um Messwerte und Toleranzgr­enzen, die für Konkurrenz­en interessan­t sind.

Soll ein Betrieb mit einer Lösegeldfo­rderung in die Knie gezwungen werden, braucht man auch gewisse Kenntnisse von der Branche, um zu wissen, wie die Wertschöpf­ungskette funktionie­rt und wo man ansetzen muss.

Neben dem Covid-Trio gibt es natürlich weitere Gefahrenqu­ellen. Marktverän­derungen (Platz vier), makroökono­mische Entwicklun­gen (Platz acht) sowie politische Gewalt (Platz zehn) steigen allesamt im Ranking. Die Sorge vor Naturkatas­trophen fiel trotz Waldbrände­n, Tornados und Erbeben von Platz vier auf sechs. Ebenfalls weniger Kopfzerbre­chen bereitet der Klimawande­l. Zwar war 2020 eines der wärmsten Jahre seit Beginn der Temperatur­aufzeichnu­ngen, doch das Klima rutschte auf Platz neun.

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Vergangene­s Jahr stellten Hackerangr­iffe die größte Bedrohung für Unternehme­r dar. Wegen Corona sind es heuer Betriebsau­sfälle.

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