Naturekstase in Bestform
Die Wiener Philharmoniker mit Philippe Jordan im Musikverein
Die Philharmoniker durften Corona-bedingt bereits einige Varianten des „Geisterkonzerts“erleben: Nach dem ersten Lockdown durchbrachen sie die Stille im Musikverein vor 100 Zeugen. Bei den Salzburger Festspielen, als alles sommerlich schien, musizierten sie vor im Schachbrettmuster postierten Zuschauern. Das Neujahrskonzert wiederum ging (telegen) ohne Publikum vonstatten.
Am Sonntag galt es nun – beim Einstandskonzert von Philippe Jordan als Abonnementdirigenten –, ein Spiel- und Lebenszeichen zu setzen. Allerdings waren – neue Konzertvariante! – nur getestete Medienvertreter zugelassen.
Während die Regierung (gegen 11 Uhr) die neuesten Veränderungen des Lockdowns bekanntgab, erklang Schönbergs Verklärte Nacht, op. 4 (Fassung für Streichorchester). Es ist auch ein hochexpressives Dokument des spätromantischen Kampfes, aus Wagners harmonischmotivischen Errungenschaften noch Individuelles zu generieren.
Jordan animiert denn auch zu „brennendem“Musizieren; die einzelnen Motivstränge und deren Wucherungen und Verarbeitungen leuchteten klar und doch bisweilen reizvoll überspannt hervor. Richard Strauss’ Alpensinfonie, op. 64, kostete Jordan später aus, ohne Extreme zu scheuen. Die Tendenz des Werkes Richtung Opulenz und Bombast wurde nie unterdrückt ...
Immer wieder aber zelebriert das sehr fokussierte Orchester die Verwandlung des Überbordenden in intime Kammermusik. Sowohl im Mikro- wie auch im Makrokosmos der Strukturen war die engagierte Musizierhaltung zu spüren. Sie wird demnächst bei der Salzburger Mozartwoche zu erleben sein. Natürlich aber nur per Radio und Stream. Nachzuhören in „Fidelio“auf Ö1, auf ORF 3 dann im Frühjahr