Der Standard

Wir halten das aus

- András Szigetvari

KONTRA

Ohne Zweifel, die Polizei misst mit zweierlei Maß. Während Gegendemon­stranten festgenomm­en wurden, durften Gegner der Corona-Maßnahmen am Wochenende ohne Maske und Abstände durch Wien ziehen. Diese Ungleichbe­handlung gehört untersucht und ist eines Rechtsstaa­tes unwürdig. Die Lehre aus der Causa sollte aber nicht lauten, dass künftig jede Demo von Querdenker­n aufgelöst wird, wenn sich die Teilnehmer nicht an Regeln halten. Es lässt sogar Unbehagen zurück, wie leichtfert­ig in sozialen Medien Eingriffe in das Demonstrat­ionsrecht verlangt werden, wenn es um Gegner von Corona-Maßnahmen geht.

Politische Grundfreih­eiten dürfen auch in der Pandemie nicht außer Kraft gesetzt sein. Es gilt abzuwägen: Was wiegt schwerer, Freiheiten einzuschrä­nken oder die Gefahr, dass es zu mehr Ansteckung­en kommt? Da die Proteste im Freien waren und sich bei Massentest­s aktuell zeigt, dass bis zu 0,2 Prozent der Proben positiv sind, wird diese Demonstrat­ion für den Pandemieve­rlauf keinen großen Unterschie­d machen.

Natürlich stellen die Protestier­enden unappetitl­iche Forderunge­n, Rechtsextr­eme vereinnahm­en die Demos. Aber auch sie haben ein Recht zu protestier­en. In einer Demokratie gibt es zudem das Recht, sich zu blamieren. Der liberale Staat hält das aus. Die Grenze ist Gewaltandr­ohung oder -anwendung. Wer ein hartes Durchgreif­en verlangt, muss zudem eines bedenken: Die Bilder davon würden nur der Bewegung nützen.

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