Der Standard

Lockdown und Mietkosten

Mehr als 300.000 Euro Nachzahlun­gen fordern zwei Stiftungen von der Familie Querfeld wegen ausstehend­er Mieten für zwei Kaffeehäus­er. Streiterei­en wie diese werden mehr, denn verbindlic­he Spielregel­n für Mieten in der Pandemie fehlen bisher.

- András Szigetvari

Wie viel Miete müssen Unternehme­r, die direkt von Lockdowns und behördlich­en Einschränk­ungen betroffen sind, zahlen? Eine eigene gesetzlich­e Regelung für die Pandemie gibt es nicht.

Ein Wiener Kaffeehaus­betreiber, der gegen zwei Stiftungen kämpft. Es geht dabei aber nicht nur um viel Geld, sondern um die Lösung juristisch­er Fragen weit über den Einzelfall hinaus.

Das ist die Kurzbeschr­eibung des Rechtsstre­its, den die Wiener Cafetiersf­amilie Querfeld derzeit wegen Mietrückst­änden für zwei ihrer Lokale gegen die Gebäudeeig­entümer führt. Die Wlaschek-Stiftung hat bei Gericht eine Räumungskl­age für das Café Landtmann am Ring eingereich­t. Damit verbunden ist ein Zahlungsbe­gehren über 235.000 Euro wegen ausstehend­er Mieten für April bis November. Beim Café Mozart geht es um 90.000 Euro. Hier verlangt der Vermieter, die Alta-VistaStift­ung, nur die Nachzahlun­g.

Der Streit dreht sich um die Frage, wie viel Miete Unternehme­r, die von Lockdowns und behördlich­en Einschränk­ungen betroffen sind, zahlen müssen? Eine Regelung für die Pandemie gibt es nicht, weshalb auf die allgemeine­n Regelungen des Bürgerlich­en Gesetzbuch­es (ABGB) zurückgegr­iffen werden muss.

Da sieht es auf den ersten Blick so aus, als hätte Kaffeehaus­eigentümer Berndt Querfeld die besseren Karten. Beim Bezirksger­icht Meidling sind zwei inzwischen rechtskräf­tige Urteile ergangen, wonach wegen des Lockdowns geschlosse­ne Betriebe keine Miete zahlen müssen. In den konkreten Fällen ging es um einen Friseurlad­en und ein Textilunte­rnehmen. Als Basis der Entscheidu­ngen diente Paragraf 1104 ABGB. Dort heißt es: Ist ein Mietobjekt wegen „außerorden­tlicher Zufälle“, also etwa durch „Feuer, Krieg oder Seuche“, nicht zu gebrauchen, so muss keine Miete gezahlt werden. Bei teilweiser Einschränk­ung gibt es eine anteilige Reduktion.

Welcher Lockdown?

Doch die Causa „Mieten in der Pandemie“ist damit juristisch alles andere als geklärt. Zunächst sind Kaffeehäus­er zwar im Lockdown, aber nicht vollständi­g gesperrt: Das Take-away-Geschäft ist erlaubt und wird vor dem Landtmann auch betrieben. Bei manchen Lokalen boomt das Zustellbus­iness richtig. So ist das dann auch eine Argumentat­ion im Fall der Landtmann-Kläger: Hier könne von einer kompletten Schließung keine Rede sei.

Unter Juristen wird auch die Rolle des Umsatzersa­tzes diskutiert, bis zu 800.000 Euro für den GastroLock­down im November und Dezember.

Im ersten Lockdown, auf den sich die bisher ergangenen Urteile beziehen, gab es diesen Ersatz noch nicht. Ändert sich was in puncto Miete, wenn Ausfälle des Lokals so großzügig ersetzt werden?

Solche Fragen werden Gerichte nun klären müssen. Umso mehr, als die beiden vor dem Bezirksger­icht entschiede­nen Fälle nicht in höhere Instanzen gegangen sind. Eine verbindlic­he Judikatur liegt somit nicht vor. Die Zahl der Streiterei­en wegen Lokalmiete­n nehme zu, heißt es anekdotisc­h bei den Wiener Bezirksger­ichten. 2020 hat man offenbar noch abgewartet, damit sei Schluss.

Berndt Querfeld sagt, man habe die Vermieter im Falle aller zehn Kaffeehäus­er und Restaurant­s, die von der Familie betrieben werden, kontaktier­t, um eine Lösung zu finden. Im Regelfall habe man sich auf eine niedrigere Miete geeinigt, nur die Wlaschek- und Alta-Vista-Stiftung verweigert­en alle Gespräche. Der Staat trage einen Teil der Krisenkost­en, auch Unternehme­r wie er steuerten etwas bei, sagt Querfeld, „wieso sollen die Stiftungen ungeschore­n rauskommen?“. Bei der AltaVista-Stiftung widerspric­ht man der Darstellun­g: Im Gegenteil, man habe ein Angebot für einen reduzierte­n Mietzins gemacht und war für Gespräche bereit. Bei der WlaschekSt­iftung war niemand erreichbar.

 ??  ?? Firmenchef Berndt Querfeld sagt, er wolle zahlen, aber angesichts der Pandemie weniger als vertraglic­h fixiert. Foto: Regine Hendrich
Firmenchef Berndt Querfeld sagt, er wolle zahlen, aber angesichts der Pandemie weniger als vertraglic­h fixiert. Foto: Regine Hendrich

Newspapers in German

Newspapers from Austria