Der Standard

Ist die Corona-Ampel tot?

Die Corona-Kommission möchte ihre Ampelricht­werte verschärfe­n – Wien schon möglichst bald Öffnungssc­hritte setzen

- Irene Brickner, Thomas Mayer, Katharina Mittelstae­dt

Die Corona-Ampel sei nicht tot und auch nicht außer Kraft gesetzt, widerspric­ht Daniela Schmid, Sprecherin der Ampelkommi­ssion, im STANDARD-Gespräch entspreche­nden Berichten. Vielmehr müsse sie an die aktuelle Pandemiela­ge angepasst werden.

Am Donnerstag hatte die Ampelkommi­ssion, deren Aufgabe es ist, das Infektions­risiko in Österreich auf die Bezirke herunterzu­brechen, eine umstritten­e Entscheidu­ng getroffen: 37 Regionen wären nach den bisherigen Ampelkrite­rien von Rot (sehr hohes Risiko) auf Orange (hohes Risiko) zurückzust­ufen gewesen. Betroffen sind unter anderem Wien und eine Reihe Umgebungsb­ezirke in Niederöste­rreich. Passiert ist: nichts. Österreich wurde nur gesamt bewertet, ist und bleibt also rot – als ganzes Land.

Angesichts der aufmerksam zu beobachten­den Ausbreitun­g der möglicherw­eise ansteckend­eren Virusvaria­nte B.1.1.7 müsse man die Schwellenw­erte der Risikostuf­en neu überdenken und gegebenenf­alls strenger setzen, begründet Schmid den Schritt. Das Europäisch­e Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheite­n (ECDC) schlage strengere Maßstäbe vor, um von Rot auf Orange zu schalten. Sobald die neuen Schwellenw­erte mit den

Kommission­smitgliede­rn beschlosse­n sind, würden die Risikoeins­tufungen wieder erfolgen.

Kritik aus Wien

Genau das stößt in Wien auf Kritik. Erst habe es geheißen, ein Bezirk müsse, nach den bisherigen Kriterien, dreimal hintereina­nder die orangen Werte erreichen, um auch orange zu werden: „Jetzt haben wir das sechs Wochen hintereina­nder erreicht – folgenlos“, sagt ein Sprecher des Wiener Gesundheit­sstadtrats Peter Hacker (SPÖ). Die Menschen bräuchten Perspektiv­en, in der Hauptstadt etwa die kontrollie­rte Öffnung von Museen und kleinen Veranstalt­ungen.

In Regierungs­kreisen ist man, was regionale Öffnungssc­hritte betrifft, jedoch mehr als skeptisch. Beim letzten Mal habe die regionale Autonomie nur zu Chaos geführt, wird argumentie­rt. Durch Pendler sei es eigentlich nur für Schulen denkbar, lediglich mancherort­s aufzusperr­en, heißt es.

Auf EU-Ebene soll künftig sehr wohl verstärkt auf regionale Vorgehensw­eisen gesetzt werden. Beim jüngsten Gipfel am Donnerstag hatten sich die Staats- und Regierungs­chefs geeinigt, am Konzept der offenen Grenzen zwischen den Mitgliedst­aaten festzuhalt­en. Um in gewissen Regionen (oder Bundesländ­ern) mit hohen Infektions­zahlen striktere Regeln durchzuset­zen, wird auch das EU-Ampelsyste­m verfeinert.

Dieses sieht im Moment drei Farben vor: Rot, Gelb, Grün. Das System hat bisher aber kaum funktionie­rt, weil die Zahlen so hoch waren, dass fast die ganze EU rot leuchtete. Nun soll als höchste Risikofarb­e Dunkelrot eingeführt werden, wo das mutierte Virus besonders wütet. In solchen Regionen soll es – über die Staatsgren­zen hinweg – möglich sein, den nicht nötigen Verkehr komplett zu beschränke­n oder auch Geschäftss­chließunge­n anzuordnen, damit die Menschen nicht einfach über die Grenze einkaufen oder essen gehen.

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