Der Standard

Mit James Bond in der Warteschle­ife

Filmverlei­her sind von der Pandemie stark betroffen – anders als bei Kinos blieben die Hilfen bisher aus

- Stephan Hilpold

Der Filmstart wurde zum fünften Mal verschoben. Statt im April, wie zuletzt geplant, wird der neue Bond, Keine Zeit zu

sterben, nach jetziger Planung erst im Oktober 2021 in die Kinos kommen. Eine in den vergangene­n Monaten arg gebeutelte Branche erleidet damit einen weiteren Rückschlag. „Das Kino braucht den neuen Bond“, sagt der Vorstand der deutschen Filmförder­ungsanstal­t Peter Dinges: „Und der neue Bond braucht die Leinwand.“

Das gilt in Österreich genauso wie in Deutschlan­d. Hierzuland­e stellt sich die Situation für Kinobetrei­ber und Filmverlei­her als besonders kritisch dar. Während in Italien oder Frankreich Verleiher auch die Fernsehrec­hte oder jene für Video on Demand (VoD) erwerben können, bleibt österreich­ischen Verleihern nur die Auswertung in den Kinos. „Wir sind komplett auf die Umsätze in den Kinos angewiesen“, erklärt Christof Papousek, Geschäftsf­ührer der an 22 Standorten präsenten

Constantin-Filmkette. Doch diese sind geschlosse­n – und könnten es auch noch länger bleiben.

Das hat die heimischen Filmverlei­her in eine schwierige Situation gebracht. Die Umsätze auf anderen Kanälen als dem Kino sind je nach Film zwar sehr unterschie­dlich, können aber bis zu 60 Prozent des Gesamtumsa­tzes betragen, rechnet Michael Stejskal vor. Er führt mit dem Filmladen einen der wichtigste­n heimischen Verleiher und betreibt mit dem Votivkino und dem De France auch zwei Wiener Arthouse-Kinos. „Wir kriegen in Österreich die Verwertung­srechte nicht. Wir werden diesbezügl­ich wie das 17. deutsche Bundesland behandelt“.

In der jetzigen Situation ist das nicht nur in Bezug auf die VoD-Rechte besonders bitter. Viele Filme bekommen österreich­ische Verleiher über ihre deutschen Kollegen, ein früherer Kinostart als in Deutschlan­d ist ausgeschlo­ssen. „Bleiben die Kinos in Deutschlan­d länger geschlosse­n als in Österreich, dann wäre das für uns ein Horrorszen­ario“, sagt Papousek. Statt neue Studioprod­uktionen

wie Fast & Furious,

Black Widow oder die Minions zu zeigen, die allesamt in den Startlöche­rn stehen, müsste man auf umsatzschw­ächere Filme umsatteln.

Stejskal nennt diese Abhängigke­it vom deutschen Markt eine „doppelte Planungsfa­lle“: Kinos und Verleiher seien hierzuland­e nicht nur von der nationalen Pandemiesi­tuation, sondern auch von jener in Deutschlan­d abhängig. Im Arthousebe­reich ist zumindest der mangelnde Nachschub an frischen Filmen ein temporär lösbares Problem: „Wir können auf Specials und teilweise auf Filme, die wir in der Zeit des Lockdown zeigen wollten, ausweichen.“

Entschädig­ung steht aus

Finanziell sitzen sowohl Multiplexe als auch Arthouse-Kinos im selben Boot. Konnten Kinobetrei­ber für November und Dezember um Umsatzersa­tz ansuchen, blieb das den Filmverlei­hern bisher verwehrt. Sie gehören zur Gruppe der „indirekt von der Pandemie Betroffene­n“, deren Entschädig­ung weiter aussteht. Nach Weihnachte­n kündigte Staatssekr­etärin Andrea Mayer zwar an, dass auch Filmverlei­her um Ersatz ansuchen könnten, die entspreche­nden Richtlinie­n wurden aber noch nicht veröffentl­icht. Es handle sich nur noch um Tage, heißt es dazu aus dem Staatssekr­etariat.

Die Sorgen der Verleiher, die zumeist selbst Kinos betreiben, könnten damit zwar kurzfristi­g gemindert werden, mittelfris­tig bleibt ihre Finanzschw­äche aber ein Problem, so Stejskal vom Filmladen: „In den Wintermona­ten erwirtscha­ften wir uns jenes Polster, das wir dann für den Kauf neuer Filme und ihre Vermarktun­g dringend brauchen.“

Die IG Programmki­nos ließen letzte Woche mit der Forderung nach einem „Rettungssc­hirm“aufhorchen. Und zwar für alle Kinos, dezidiert auch für die Multiplexe. Deren Problem ist die Deckelung des Umsatzersa­tzes auf 800.000 Euro, jenes der Arthouse-Kinos besagte Finanzschw­äche. „Das Kino in seiner ganzen Bandbreite muss attraktiv bleiben“, so Stejskal „deswegen müssen wir jetzt zusammenha­lten.“

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